März 2023

Haushaltsrede im Gemeinderat

Wir haben es uns nicht leicht gemacht mit dem diesjährigen Haushalt. Wir haben uns bewusst beschränkt auf eine überschaubare Anzahl von Anträgen. In den meisten Fällen ging es darum, die sinnvolle Weiterarbeit einiger Institutionen, Vereine oder Initiativen durch leicht erhöhte Zuschüsse oder bescheidene Stellenerweiterungen zu ermöglichen.

Dafür hat sich in vielen Fällen tatsächlich eine Mehrheit gefunden. Wir freuen uns sehr, dass diese Vorschläge im Haushalt berücksichtigt werden:

  • Die gute Arbeit des LernOrt Berghof wird durch einen höheren Zuschuss honoriert.
  • Die Initiative move on kann die Beratung für Migranten gesichert fortsetzen.
  • Statt des Sonderzuschuss fürs Zimmertheater soll dauerhaft ein Regelzuschuss gewährt werden.
  • Die Mobile Jugendarbeit wird nach dem Auslaufen der Landesmittel nicht gekürzt und kann fortgesetzt werden.
  • Um die Nachfrage befriedigen zu können, wird der Stellenumfang für das Jugendhaus Lustnau um 25% aufgestockt, nachdem eine vorübergehend dorthin ausgeliehene Fachkraft ihre Arbeit in der Weststadt wieder aufnehmen kann.
  • Das Jugendcafé Bricks erhält eine bescheidene Personalanpassung, so dass der gestiegene Bedarf gedeckt werden kann.
  • Um Ausfälle zu verhindern wird eine Springerstelle für Schulsekretariate eingerichtet.
  • Die Schulsozialarbeit in Teilorten wird aufgestockt (gleicher Schlüssel wie in der Kernstadt), um den dringenden Bedarf decken zu können.
  • An vielen Schulen hapert es daran, dass „kleine“ Dinge des Alltags (Tische umräumen etc.) von den Hausmeistern nicht erledigt werden können, weil ihre Deputate viel zu gering sind. Wir haben uns für eine moderate Ausweitung des Stellenpools für Hausmeister insgesamt eingesetzt, dieser Vorschlag kommt immerhin zur Prüfung in den zuständigen Ausschuss.
  • Unser Vorschlag, unbeleuchtete Radwege aus Sicherheitsgründen mit weißen Randstreifen zu versehen, stieß auf allgemeine Zustimmung.
  • Keine Mehrheit fand eine 50%-Stelle Jugendbeteiligung, mit der die Interessen junger Menschen besser eingebracht werden sollten.

 

Ein weiteres Ziel unserer Anträge war es, unserer Meinung nach unsinnige Vorhaben zu verhindern. Konkret:

  • Die Verwaltung will das Kostendämpfungsprogramm (KDP) auch in diesem Jahr fortführen. Dies halten wir für schädlich, die Maßnahme müssen die Beschäftigten nun schon seit 2018 ertragen, die Folgen sind unübersehbar, die Mitarbeiter sind mit dem KDP beschäftigt , statt ihrer Arbeit nachgehen zu können und wissen nicht wie sie ihre Überstunden abbauen sollen.
  • Keine weiteren Aufwendungen für die unsinnige BürgerApp; der Antrag fand leider keine Zustimmung.
  • Ebenso wurde abgelehnt die neue extra Stelle zur Graffitibeseitigung zu streichen, die wir für überflüssig halten.
  • Der Neubau einer Schilderbrücke um 100.000 € vor dem Schlossbergtunnel, nur weil zusätzliche Hinweise angezeigt werden sollten. Dieser Antrag war erfolgreich.

 

Neben diesen vom finanziellen Umfang her „kleineren“ Anträgen waren uns vor allem drei Kernpunkte wichtig:

  • Die Wohnungssituation in der Stadt,
  • der Klimaschutz im Bereich Verkehr, und
  • eine finanzielle Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
Wilhelm Bayer, Linke-Stadtrat
Wilhelm Bayer, Linke-Stadtrat

Aufgabe der Wohnungspolitik der nächsten Jahre ist der Erhalt und die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums. Eine zentrale Voraussetzung ist es, die Handlungsfähigkeit der Stadt in diesem Bereich sicher zu stellen, dafür haben wir drei Millionen Euro beantragt. In den Fraktionsgesprächen konnte eine gute Lösung gefunden werden: Je eine Million Euro werden für eine Kapitalerhöhung der GWG, den kommunalen Wohnungsbau und Hilfen für Baugruppen, die durch die Entwicklung der Bau- und Kreditkosten in Schwierigkeiten geraten sind, zur Verfügung gestellt. Vorgesehen ist auch die Bereitstellung von weiteren Mitteln für den kommunalen Wohnungsbau in der mittelfristigen Finanzplanung. Damit sind wir auf einem guten Weg, wir freuen uns, dass es hierfür eine breite Zustimmung im Gemeinderat gibt.

Besonders wichtig war uns dieses Jahr das Thema Klimaschutz im Verkehr. Der Ausstoß an schädlichen CO2-Gasen könnte dadurch drastisch gesenkt werden, wenn es gelänge, möglichst viele Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Dazu brauchen wir ein attraktives Nahverkehrsangebot, das für jeden erschwinglich ist.

Die im Mai vorgesehene Einführung des Deutschlandtickets wäre der ideale Impuls gewesen, den Klimaschutz im Verkehr auch in Tübingen endlich voran zu bringen. Es herrscht im Gemeinderat auch durchaus Einigkeit, dass 49 € ein viel zu hoher Preis sind, und das Ticket deutlich rabattiert werden sollte. Studien sind sich einig, dass ab einem Preis von 29 € zunehmend viele Menschen bereits wären, ihr Auto stehen zu lassen und stattdessen mit Bus und Bahn zu fahren.
Der überwältigende Erfolg des 9 €-Tickets im vergangenen Jahr war für uns der Beweis, dass dies tatsächlich gelingen kann. Wir haben deshalb vorgeschlagen mit einem mutigen Schritt das Deutschlandticket den Tübingerinnen und Tübingern um 9 € anzubieten. Das wäre gleichzeitig deutliche finanzielle Entlastung für Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen.
Und das Schönste: Die Maßnahme wäre für den Klimaschutz sofort wirksam.

Leider haben wir wenig Gegenliebe für diesen Vorschlag gefunden, und selbst eine Rabattierung des Deutschlandtickets auf 29 € oder 31 € lehnten vor allem AL/Grüne ab.
Schwer nachvollziehbar nachdem seit Jahren der Klimaschutz in aller Munde ist und viele Organisationen und Initiativen, die den Grünen nahestehen, dafür werben, Fahrten mit dem ÖPNV deutlich günstiger, oder gar kostenlos zu machen.
Hic Rhodus, hic salta! (sinngemäß „Hier ist Rhodos, hier musst du springen!“, geht auf die Fabel „Der Fünfkämpfer als Prahlhans“ von Äsop zurück) möchte man dieser Fraktion zurufen: es reicht nicht, sich den Klimaschutz auf die Fahnen zu schreiben, wenn’s drauf ankommt, muss man auch springen!
Wir haben Bedenken gehört, „wie die Busse könnten zu voll werden“. Keine Gefahr, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch bei 29 € wird sich der Umstieg in Grenzen halten, da klingt wohl eher die Angst vor der eigenen Courage durch.

Was wir richtig ärgerlich finden, ist die Haltung der Mehrheit im Gemeinderat zu den Schülertickets. Eine Monatskarte um 22 € ist nicht wirklich günstig. Da nützt es auch gar nichts, wenn diese in ganz Baden-Württemberg gilt. Nette Sache, aber Eltern müssen in erster Linie die Fahrt zur Schule finanzieren, und das womöglich für mehrere Kinder. Und da sind 22 € einfach zu viel. Wir sind der Meinung, dass die Schülerbeförderung Teil der Lernmittelfreiheit ist und kostenlos sein sollte.
Was wir wirklich gut und wichtig finden ist, dass das Deutschlandticket für Inhaber der BonusCard für 15 € zur Verfügung gestellt wird. Das ist wirklich eine soziale Maßnahme.

Corona, Krieg und Kriegsfolgen, Energiekrise und Inflation: Die Bürgerinnen und Bürger hatten und haben schwer darunter zu leiden. Betroffen sind inzwischen auch Bessergestellte, unnötig zu betonen, dass Haushalte mit niedrigerem Einkommen besonders betroffen sind. Höchste Zeit also diese zu entlasten.
Ein wirksames Mittel wäre die Senkung der Grundsteuer B, die in Tübingen im Vergleich zu anderen Gemeinden besonders hoch ist. Diese Steuer wird auf die Mieter umgelegt, d.h. etwa die Hälfte der Tübinger Haushalte. Und sie trifft Eigentümer, die ihre Eigentumswohnung oder ihr „Häusle“ selber bewohnen und die Kredite dafür über Jahre abbezahlen müssen. Die finanzielle Lage der Stadt würde eine Entlastung problemlos zugelassen, die Einnahmen des vergangenen Jahres waren deutlich höher als angenommen.
Die Grundsteuer war im Jahr 2021 übermäßig um 100%-Punkte erhöht worden, mit unserem Vorschlag wäre diese Erhöhung wenigstens um die Hälfte auf einen immer noch stolzen Hebesatz von 610% zurückgenommen worden.
AL/Grüne, SPD und CDU waren nicht bereit unserem Vorschlag zu folgen und die Tübingerinnen und Tübinger etwas zu entlasten.
Ein Wort zu Tübinger Liste und FDP: ihre Anträge forderten sogar die Rückkehr zum alten Hebesatz von 560%. Bei den Fraktionsgesprächen blieb davon nur kleinlautes Lamentieren, dass man die Finanzierung des Haushalts nicht gefährden wolle. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hätten sie sich früher überlegen müssen.
Wir haben im Gegensatz dazu von Anfang an beantragt, dass zur Finanzierung der großen anstehenden Zukunftsaufgaben (Klima, Verkehr, Wohnen) der Hebesatz zur Gewerbesteuer vorsichtig gehoben werden soll.
Im Gegensatz zur Grundsteuer liegt der Hebesatz zur Gewerbesteuer in Tübingen deutlich unter dem Niveau vergleichbarer Städte oder dem der Nachbargemeinden. Tübingen ist durch die Universität ein interessanter Standort, wir müssen nicht auch noch unsere Nachbarn bei der Gewerbesteuer unterbieten.
Nach übereinstimmenden Aussagen aller Wirtschaftsinstitute hat die deutsche Wirtschaft die Krisen mit 2% Wachstum im vergangenen Jahr erstaunlich gut überstanden und die Profite sprudeln. Die Krise finanzieren die kleinen Leute durch Inflation und damit gestiegenen Steuern und Abgaben.
Die Gewerbesteuer moderat anzuheben, würde die Tübinger Betriebe nicht übermäßig belasten, die Betriebe verdienen, im letzten Jahr ist das Gewerbesteueraufkommen überraschend stark gewachsen. Es hätte uns allerdings in die Lage versetzt, Projekte ambitionierter anzugehen und vor allem die Tübinger Haushalte von Kosten zu entlasten.
Die Mehrheit im Gemeinderat hat dies nicht gewollt und wird ihren Wählerinnen und Wählern erklären müssen, warum ihnen die Entlastung florierender Firmen wichtiger ist, als die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.

Wie schon eingangs erwähnt, diesem Haushalt zuzustimmen fällt uns schwer. Da gibt es Licht (eine Vielzahl kleinerer Verbesserungen, die Mittel für den Wohnungsbau), aber auch viel Schatten. Besonders unschön finden wir, dass es keine Entlastung bei der Grundsteuer gibt. Und natürlich ist uns das Schrittchen zum Klimaschutz beim Deutschlandticket viel zu wenig.
Wenn wir am Ende dem Haushalt doch zustimmen, dann tun wir dies als Signal, dass viele in den Verhandlungen gefundene Ansätze und Kompromisse uns wichtig sind, und weil in einigen Bereichen, z.B. dem öffentlichen Nahverkehr, noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.
Wir tun dies aber auch im Bewusstsein, dass mehr für die Bürgerinnen und Bürger möglich gewesen wäre.

Abschließend auch von uns herzlichen Dank an Frau Günthner und Frau Geiss für die hilfreiche Begleitung der Fraktionsverhandlungen. Und ich darf an dieser Stelle meinen gestrigen Dank an Asli für die gute und faire Moderation der Fraktionsverhandlungen wiederholen.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

Wilhelm Bayer

Zum Tod von Basiru Jallow

Wir alle sind erschüttert und entsetzt über den gewaltsamen Tod von Basiru Jallow. Gestern haben Freund*innen und Angehörige eine sehr bewegende Trauer/Gedenkfeier für ihn im alten Botanischen Gartens abgehalten. Erstmal Danke dafür an alle Teilnehmenden, auch dass Basiru und seine An-und Zugehörigen im Mittelpunkt standen und nicht die Reaktion des Oberbürgermeisters.

Gitta Rosenkranz
Gitta Rosenkranz

Die meisten Menschen haben in ihrem Leben die Erfahrung von Verlust und Trauer machen müssen und wissen deshalb, wie wichtig eine gute Trauerarbeit ist und die damit zusammenhängende Verabschiedung in Würde von dem Menschen, den man verloren hat.

Bei einem Gewaltverbrechen, das wie bei Basiru Jallow zum Tode geführt hat, ist es für die Verarbeitung und Verabschiedung der Hinterbliebenen umso wichtiger, dass dies mit Würde und dem passenden zeitlichen Rahmen stattfinden kann.

Deshalb ist die Reaktion des Oberbürgermeisters umso unverständlicher, rassistisch anmutende Äußerungen und abfällige Zuschreibungen zu posten und damit rassistischen Strömungen und rechtspopulistischen Gruppierungen eine Legitimation für ihre Haltungen zu geben. Auch wenn er dies nach eigenen Angaben nicht beabsichtigt und ich dies an dieser Stelle nicht beurteilen kann und will.

In unseren Augen hat ein Oberbürgermeister die Aufgabe, in solch einer Situation, der Stadtgesellschaft die Möglichkeit zu geben, adäquat mit dem Ereignis umzugehen, Ängste zu nehmen und Lösungswege in dieser Krise aufzuzeigen und eine ausgleichende Haltung einzunehmen. Eine Verunglimpfung des Opfers, die schnell zu einer Opfer-Täter Umkehrung führt, Mutmaßungen und diskriminierende Äußerungen haben hier nichts verloren und sind kontraproduktiv. Ängste zu schüren und zu instrumentalisieren sind einem Oberbürgermeister und seiner Rolle nicht würdig.

Dies führt u.A. dazu, dass selbst eine Kollegin im Gemeinderat nicht nur die Äußerungen des OB als rassistisch bezeichnet, sondern auch, dass Tübingen eine rassistische Stadt ist. Dies ist sie beileibe nicht, was die Reaktionen einzelner Akteur*innen und Gruppen beweist. Diese Macht hat er nicht. Der OB ist nicht die Stadt Tübingen, er ist nicht die Verwaltung und er ist nicht der Gemeinderat. Hier wurde durch ihn eine Grenze überschritten, die weit über unsere Toleranz hinausgeht. Dies ist nicht mehr unter der Rubrik von kontroversen Diskussionen und Diskurs zu sehen, die unsere Stadt ja auch auszeichnet.

Abschließend möchte ich/wir sagen, dass ich die Rede des Oberbürgermeisters erst vor einer Stunde lesen konnte. Deshalb kann ich darauf nicht detailliert Bezug nehmen. Nur soviel:

Schon öfters gab es sehr schwierige bis grenzüberschreitende Äußerungen von Herrn Palmer. In meinen/unseren Augen hat er aus Kritik daran nicht (viel) gelernt. Es bleibt zu hoffen, dass solche Reaktionen von ihm der Vergangenheit angehören. Leider hat er es an dem nötigen Respekt vor dem Getöteten und seiner Community fehlen lassen. Die Folge davon ist, dass er in unseren Augen damit selbst zum Verlierer geworden ist, da es sehr schwierig ist, vor solch einem Stadtoberhaupt noch Respekt zu haben.

Gitta Rosenkranz, Linke-Gemeinderätin

Öffentlicher Dienst: Arbeitgeber müssen sich bewegen

Donnerstag, 30. März 2023

Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand
Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand

Gestern Nacht um circa halb eins sind die Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst gescheitert. Die Arbeitgeber haben sich in den drei Verhandlungsrunden nur milimeterweise und dann teilweise wieder rückwärts bewegt.

Das Angebot – die Arbeitgeber sprechen von 8% auf 27 oder 24 Monate – würde im Volumen eine Erhöhung um im Schnitt 3,6% oder 4% pro Jahr bedeuten. Jedem ist offensichtlich, dass das bei einer Inflationsrate von 7,9% in 2022 und prognostiziert von 5,1% in 2023 massive Reallohnverluste bedeuten würde.

Wir können uns als kommunales Organ nicht mit dem Verweis auf die Tarifautonomie aus der Verantwortung stehlen: Wir tragen als Kommune Verantwortung dafür, wie unsere Beschäftigten bezahlt werden!

Gerne sagt die VKA, die Kommunen könnten sich die Tarifforderungen von ver.di nicht leisten.

Dazu sind zwei Dinge zu sagen:
1. Am Ende von Verhandlungen steht eigentlich nie die Tarifforderung als Ergebnis.

2. Was wir uns als Kommune nicht leisten können, sind massive Reallohnverluste, die den massiven Fachkräftemangel zum Beispiel im Kita-Bereich noch verschärfen würden.

Wenn Sie sich unseren Entwurf für eine Resolution anschauen, werden Sie sehen: die Resolution macht sich die Tarifforderung der Gewerkschaften nicht zu eigen. Wir fordern OB Palmer dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass sich die Arbeitgeber in Richtung der gewerkschaftlichen Forderungen bewegen.

Unser Anliegen als Kommune kann weder ein schlechter Abschluss mit massiven Reallohnverlusten, noch ein wochenlanger unbefristeter Erzwingungsstreik sein. Die Gewerkschaften haben gezeigt, dass sie durchaus in der Lage sind (Zitat:) „das ganze Land lahm zu legen“.

Unser Anliegen muss es aber doch sein, schnellstmöglich eine Lösung am Verhandlungstisch zu finden. Ich bin davon überzeugt: wenn VKA und Bund eine entscheidende Bewegung auf die Gewerkschaften zu machen, ist das möglich. Dafür braucht es Bewegungsbereitschaft auf der Arbeitgeberseite.

Unpassend und pietätlos

Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand
Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand

Die Äußerungen des Oberbürgermeisters in Bezug auf das Gewaltverbrechen an einem jungen Tübinger sind unpassend und pietätlos. Wir finden es inakzeptabel, sich an Vorverurteilungen und Gerüchteküchen zu beteiligen. Als Amtsträger sollte der Oberbürgermeister sich an die Grundsätze des Rechtsstaats halten, keine Vorverurteilungen betreiben und das Tötungsverbrechen nicht durch victim blaming zu verharmlosen. Zudem möchten wir betonen, dass eine rassistische Weltsicht nicht vereinbar ist mit der Würde des Amtes des Oberbürgermeisters. Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gilt der Familie und den Freund:innen vom Basiru Jallow. Wir verurteilen jede Form von Gewalt und Diskriminierung und setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen respektiert und geschützt werden.

Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und Vorstand der Tübinger Linken (e.V.)

Nicht diskreditiert

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat
Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Ob die Clara-Zetkin-Straße wie vorgeschlagen mit einem negativen „Knoten“ gekennzeichnet wird, muss der Gemeinderat entscheiden. Über die geschichtliche Faktenlage gab es bei unserer Veranstaltung „Ein Knoten für Clara Zetkin?“ weitgehende Übereinstimmung. Umstritten blieb, ob die Historiker:innen-Kommission mit ihrer Empfehlung der selbst gestellten Aufgabe gerecht geworden ist, Zetkins Handeln und die damaligen Bedingungen angemessen zu berücksichtigen und einheitliche Maßstäbe anzuwenden.

Die mehrheitliche Meinung war, dass ein „Knoten für Zetkin“ als Stigmatisierung verstanden werden muss. Das gilt im Kontext zu den anderen Knoten und, weil es keine Empfehlung gab zu eindeutig „antidemokratisch“ belasteten Personen wie Bismarck, Wilhelm I. von Württemberg oder den aktiven NS-Unterstützer und späteren Hitlerattentäter Stauffenberg.

Dass die Kommission bei der Veranstaltung am 14. März diskreditiert worden wäre, trifft nicht zu. Die beiden Vertreter konnten ihre Arbeit sehr ausführlich darstellen. Uns lag an einer fundierten Debatte – und die gab es. Dass mit Leidenschaft diskutiert wurde, sehen wir als Errungenschaft der Bemühungen um „Public History“ – gerade in Tübingen.

Gerlinde Strasdeit (Linke-Fraktion im Tübinger Gemeinderat) und
Alexander Schlager (Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg)

Solidarität mit dem Streik im öffentlichen Dienst

Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand
Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand

Als Stadtrat unterstütze ich die Tarifforderung der Gewerkschaft Verdi für den Öffentlichen Dienst. Als Linke setzen wir uns für eine gute Lebensqualität vor Ort ein. Dazu gehören gut ausgestattete öffentliche Dienstleistungen, funktionierende Krankenhäuser, ein gutes Kitaangebot und vieles mehr. Dafür brauchen wir gut ausgebildetes und bezahltes Personal, das die öffentlichen Einrichtungen am Laufen hält. Gerade in Krisenzeiten beweist der öffentliche Dienst seine hohe Bedeutung für unsere gesamte Gesellschaft. Deswegen muss die Arbeit der Beschäftigten gewürdigt werden – auch im Entgelt. Angesichts der Preissteigerungen heißt das vor allem, die Reallohnverluste vollständig auszugleichen.

Gute Löhne für die Beschäftigten, ausreichend Personal in Kitas, Schulen und Krankenhäusern und ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr sind bezahlbar. Der Bund muss hier nicht nur für seine eigenen Beschäftigten Verantwortung übernehmen, sondern auch den Kommunen finanziell beistehen. Zur Gegenfinanzierung müssen endlich die Reichen und Vermögenden in unserem Land stärker an den Kosten der Krisen beteiligt werden. Dafür streiten wir als Linke an der Seite der Beschäftigten.

Haushaltsrede im Gemeinderat

Tübingen, 20.03.2023

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat
Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Liebe – natürlich intelligenten – Bürgerinnen und Bürger.

In den zwei letzten Jahren sind die Preise über 13 Prozent gestiegen, die Gehälter im öffentlichen Dienst dagegen nur um 3,2 %. Deshalb ist die Lage für die abhängig Beschäftigten ernst – sie sind die Hauptverlierer der Inflationskrise – für die unteren Einkommensgruppen geht das direkt an die Substanz. In Tübingen – mit extrem hohen Mietpreisen – gilt das besonders. Deshalb erklären wir Linken uns solidarisch mit den gewerkschaftlichen Warnstreiks, die diese Woche stattfinden.

Wer über den Fachkräftemangel in Kitas, Pflegeeinrichtungen und Ämtern klagt, – muss auch darüber reden, – dass der Öffentliche Dienst nicht weiter an Anziehungskraft verlieren darf, sondern sich in der Krise als stabil erweisen muss. Attraktive und verlässliche Dienste sind im Interesse aller. Deshalb (und nicht weil wir die Tarifhoheit in Frage stellen wollen, lieber Kollege Schöning) haben wir – zusammen mit der SPD und der FRAKTION – Herrn Oberbürgermeister Palmer aufgefordert, darauf einzuwirken, dass sich die Verhandlungen in Richtung Gewerkschaftsforderungen bewegen. Mehr erfahren

Solidarität mit den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst

Vorlage 511/2023

Interfraktioneller Antrag für eine Resolution:
Solidarität mit den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst

Da auch die zweite Tarifverhandlungsrunde im Öffentlichen Dienst ohne Ergebnis blieb, fordern wir OB Palmer dazu auf, sich in den laufenden Verhandlungen (die 3. Verhandlungsrunde findet Ende März statt) beim Kommunalen Arbeitgeberverband dafür einzusetzen, dass sich die Arbeitgeber endlich in Richtung der gewerkschaftlichen Forderungen bewegen.
Wir wissen, dass die Beschäftigten in den Rathäusern, Kitas, beim Wohngeld, bei der Integration, bei der Bauverwaltung oder bei der Müllentsorgung den Laden am Laufen halten, nicht erst seit Corona.
Angesichts der massiven Preissteigerungen ist ein angemessener Inflationsausgleich nötig.

Tübingen, 08.03.23

Für die SPD-Fraktion: Dr. Martin Sökler
Für die Linke-Fraktion: Gerlinde Strasdeit
Für die FRAKTION-PARTEI, DiB, Huhn: David Hildner

Ein Knoten für Clara Zetkin?

Diskussion über die Empfehlung der «Kommission zur Überprüfung der Tübinger Straßennamen» am Dienstag, 14. März um 19 Uhr im Sitzungssaal des Technischen Rathauses

Ein Knoten für Clara Zetkin?

Podiumsdiskussion mit:

  • PD Dr. Johannes Großmann, Seminar für Zeitgeschichte der Universität Tübingen, Leiter der Kommission zur Überprüfung der Tübinger Straßennamen
  • Prof. Dr. Bernd-Stefan Grewe, Institut für Geschichtsdidaktik und Public History, Universität Tübingen
  • Dr. Jörn Schütrumpf, Historiker, bis 2022 Leiter der Fokusstelle Rosa Luxemburg bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Herausgeber der Briefe Clara Zetkins
  • Gerlinde Strasdeit, Vorsitzende der Linke-Fraktion im Tübinger Gemeinderat
  • Moderation: Dr. Manfred Hantke, ehem. Redakteur beim Schwäbischen Tagblatt
  • Begrüßung: Renate Angstmann-Koch, Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg

Die vom Tübinger Gemeinderat im April 2021 beauftragte «Kommission zur Überprüfung der Tübinger Straßennamen» schlägt in ihrem Abschlussbericht vor, die Clara-Zetkin-Straße in Lustnau um eine gesonderte Markierung («Knoten») mit ausführlicher Kommentierung zu ergänzen. Sie würdigt die Verdienste Clara Zetkins als «Protagonistin der Frauenemanzipation» und als «wortstarke Mahnerin vor Krieg, Faschismus und Nationalsozialismus». Doch sie stellt dem «ethische Verfehlungen» entgegen: «demokratiefeindliche Äußerungen und ihre Unterstützung für die Verfolgung politischer Gegner in der Sowjetunion, die konkrete Folgen für die Betroffenen hatte». Dies rechtfertige, die Straßenbenennung im öffentlichen Raum zu problematisieren.

Wir wollen darüber diskutieren, ob diese Empfehlung dem Wirken Clara Zetkins gerecht wird oder ob sie dadurch «auf eine Bewertungsstufe mit Nazis, mit Militaristen, Rassisten und Kolonialisten» gestellt wird, wie die Tübinger LINKE und die Wählervereinigung Tübinger Linke kritisieren. Was verstand Clara Zetkin unter Demokratie, und wie stand sie zur demokratischen Verfasstheit der Weimarer Republik? Wie nahm sie Stellung zu den Vorgängen in der Sowjetunion bis zu ihrem Tod 1933? Und wir wollen darüber sprechen, wie die Kommission ihre Empfehlungen erarbeitet hat: Welche Kriterien legte sie ihrer Sichtung möglicherweise problematischer Straßennamen zugrunde? Wie kam es zur Auswahl der Straßennamen, über die in der Kommission beraten wurde? Und wie wurden die Kriterien bei der Auswahl und bei der Erarbeitung der Empfehlungen angewandt?

VERANSTALTUNGSORT
Technisches Rathaus – Sitzungssaal
Brunnenstr. 3
72074 Tübingen

ZEIT
14.03.2023, 19:00 – 21:00 Uhr

weitere Infos gibt es auch beim 
AKTIONSBÜNDNIS „KEIN KNOTEN FÜR ZETKIN“

Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg in Kooperation mit der Linke-Fraktion im Tübinger Gemeinderat und dem Forum Linke Kommunalpolitik in Baden-Württemberg e.V.

Regionalstadtbahn

Ergänzende Finanzierungsvereinbarung zwischen Landkreis und Stadt Tübingen

Stellungnahme für die Fraktion der Tübinger Linken im Kreistag am 01.03.2023

Gisela Kehrer-Bleicher
Gisela Kehrer-Bleicher, Linke-Kreisrätin

Die Regionalstadtbahn ist das wichtigste Verkehrsprojekt der gesamten Region in den nächsten Jahrzehnten – mit oder ohne Innenstadtstrecke. Dahinter steht unsere Fraktion voll und ganz.

Wir sind nicht gegen Gespräche zwischen Stadt Tübingen und Landkreis, auch nicht gegen eine gemeinsame Sitzung der zuständigen Ausschüsse. Aber wir wollen bei nichts mitmachen, was die Realisierung des Gesamtprojekts gefährdet.

Die Finanzierungsvereinbarung wurde von allen Projektpartnern, auch von der Stadt Tübingen, einstimmig beschlossen. Bei der Beschlussfassung wurde mehrfach betont, dass die Eckpunkte auch dann gelten, wenn die Innenstadtstrecke abgelehnt wird, auch von OB Palmer.

Das Gesamtprojekt mit immerhin 11 Haltestellen in Tübingen, Anbindung der Stadt an alle Linien, Ertüchtigung und Ausbau des Tübinger Hauptbahnhofs bringt der Stadt Tübingen in besonderem Maß große Vorteile für nachhaltige Mobilität und enorme Entlastungen unter klimapolitischen Gesichtspunkten.

Angesichts der hohen finanziellen Belastungen, die absehbar in allen Bereichen auf sämtliche Kommunen zukommen, ist die Solidarität untereinander enorm wichtig. Dem widerspricht es, wenn schon heute die beschlossene Finanzierungsvereinbarung einseitig in Frage gestellt wird. Dies wirkt sich auch nicht gerade förderlich auf unser gemeinsames Projekt Regionalstadtbahn aus.  Für die anderen Projekt-Partner ist es ein Vertrauensverlust und für die weitere Umsetzung wäre es ein gefährliches Signal, wenn schon jetzt eine neue Kosten-Verteilungsdiskussion begonnen wird. Was würde das für die weitere Realisierung bedeuten, wenn diese Diskussion bei steigenden Kosten immer wieder erneut geführt wird?

Und nicht zuletzt: In Tübingen wird aktuell über Alternativen zur Innenstadtstrecke diskutiert. Möglicherweise wird dabei auch die Idee einer anderen Streckenführung aufgegriffen und für die Stadt Tübingen könnte es dann sogar von Vorteil sein, wenn beschlossene Vereinbarungen zur fairen Kostenverteilung weiter gelten.

Gisela Kehrer-Bleicher