Renate Angstmann-Koch
Renate Angstmann-Koch

Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben war seit Gerhard Schröders Agenda-Zeiten groß in Mode. Doch die Hoffnung auf einen satten Geldregen für die öffentliche Hand oder zumindest weniger Verluste erfüllte sich höchstens kurzfristig. Meist bekamen die Verbraucher auch keine besseren Dienstleistungen für weniger Geld. Weder gibt es mehr Postfilialen, noch wurde das Porto billiger, und die Bahn kommt als Aktiengesellschaft auch nicht pünktlicher. Doch die Vonovia-Mieter zahlen im Schnitt von jedem Euro Kaltmiete 22 Cent für die Dividende der Aktionäre. Viele Politiker bereuen es längst, den Zugriff auf wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge verloren zu haben.

So sehen sich Stadt und Kreis Tübingen außer Stande sicherzustellen, dass die Firma Alba den Gelben Sack pünktlich abholt. Denn nicht die Kommunen sind Auftraggeber des Unternehmens, sondern das Duale System. Nur die Entsorgung durch die öffentliche Hand ist erfahrungsgemäß wirklich zuverlässig. Wir Linken lehnen es ab, jetzt auch noch die Müllabfuhr in Tübingen zu privatisieren. Die ersten, die in solchen Fällen die Zeche zahlen, sind immer die Beschäftigten. Sie müssen dann oft allein stemmen, was zuvor mehrere Kollegen erledigt haben, verdienen in Privatunternehmen in der Regel weniger und brauchen oft staatliche Hilfen wie Aufstockung des Lohns und Wohngeld – kein Gewinn, sondern ein Zuschussgeschäft für die öffentliche Hand.

Wir bezweifeln, dass die Müllabfuhr in Tübingen langfristig billiger wird, wenn ein Privatunternehmen den Abfall abholt. Wir beantragen, dass der Kreis der Stadt Tübingen im bestehenden Vertrag freiwillig höhere und damit realistischere Beträge bezahlt, um ihren Verlust zu verringern. Wenn das rechtlich nicht möglich ist, soll der Kreis mit der Stadt eine selbstständige Kommunalanstalt gründen. So könnte die städtische Müllabfuhr auch weiterhin rechtssicher den Abfall abholen.

Wir sind auch nicht der Meinung, dass die finanzielle Misere der Kommunen Folge überhöhter Tarifabschlüsse für Busfahrer und den öffentlichen Dienst ist, wie es in Talkshows heißt. Das Problem sind auch nicht Geflüchtete oder Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Die Kommunen brauchen für ihre Aufgaben zweifellos mehr Geld. Bund und Land müssen es dort holen, wo sich der gesellschaftlich geschaffene Reichtum angehäuft hat. Große Erbschaften und hohe Vermögen müssen wieder entsprechend besteuert werden.