Was jüngst wie eine Umkehr aussah, war in Wirklichkeit keine: Die Bund-Länder-Einigung Anfang der Woche zum Beispiel: Der Bund gleicht hier nur aus, was er uns noch zusätzlich wegnehmen wollte, man feiert sich in Berlin dafür, uns Geld zu geben, von dem wir bisher davon ausgehen mussten, dass es uns zur Verfügung stünde. Das ist also zwar ausnahmsweise mal keine staatliche Zechprellerei, bei der bestellt und nicht bezahlt wird, aber die unbezahlten Rechnungen der Vergangenheit bleiben dabei definitiv weiter unbeglichen.
Auch die frühere Auszahlung von FAG-Mitteln durch die Landesregierung verschafft uns zwar ein zinsloses Darlehen für ein Vierteljahr – verbessert aber das eigentliche Problem nicht. Bund und Land sind also nach wie vor Schuld an der Finanzmisere aller Kommunen und vor allem nach wie vor in der Pflicht dringend für deutliche Entlastungen zu sorgen.
Zur Erinnerung: die Finanzminister heißen Bayaz und Klingbeil – anstatt hier alle Einwohner über die Grundsteuer zahlen zu lassen, hätte man bei Grünen und SPD also auch mal den Parteigenossen das Zechprellerhandwerk legen können.
Stattdessen zwingt uns das Land zum Haushaltsausgleich und damit zur Steuererhöhung.
Eine Grundsteuer über 300 finden wir dabei grundfalsch wegen des Versprechens der Aufkommensneutralität, das wir nicht brechen wollen. Wir beantragen daher einen Hebesatz von 300 für die Grundsteuer und von 435 für die Gewerbesteuer. Das sind jeweils etwas mehr als 10 Prozent Erhöhung. Die Lücke, die es zu schließen gilt, beträgt knapp acht Millionen. Hätte man die hälftig aufgeteilt, wäre man etwa bei 420 und 320 herausgekommen.
Der Vorschlag der Verwaltung hingegen erhöht die Gewerbesteuer nur um den kleinstmöglichen Betrag. Das Argument der Anrechnungsfähigkeit der Gewerbe- auf die ESt halten wir dabei für nicht so relevant, weil die meisten Personengesellschaften eher klein sind und, wenn überhaupt, so kleine Gewinne machen dass der Unterschied in absoluten Beträgen nicht gravierend ist. Wir sehen also keine Schallmauer bei 400 Punkten.
Genaueres über diese Anrechnungseffekte, über die Belastung der Gewerbetreibenden und mögliche Abwanderungseffekte könnten wir wissen, wenn unsere Anfrage zur Aufschlüsselung der Gewerbesteuerzahler nach Branchen und anderen Kriterien schon beantwortet worden wäre. Leider liegt uns hier vier Monate später noch immer keine Antwort vor. Es gab auf jeden Fall schon vor dieser landesweiten kommunalen Haushaltskrise Kommunen in Baden-Württemberg, die noch deutlich über 435 lagen.
Rund um Tübingen gibt es zwar Gemeinden, die geringere Steuern haben. Die sind aber sehr viel kleiner und kommen für viele Unternehmen nicht in Frage. Und wenn doch, so darf man das nicht als Katastrophe an die Wand malen: Auch Ammerbuch muss Erzieherinnen bezahlen, Straßen sanieren und sich das Geld dafür sonst von den Einwohnerinnen und Einwohnern holen. Reutlingen hat eine deutlich höhere Gewerbesteuer als wir.
Und ein ceterum censeo muss ich noch hinzufügen: Die neue Grundsteuer wird manchmal als eine Art Grund-Vermögens-Steuer dargestellt. Sie ist aber keine gute Vermögenssteuer, weil sie schon unter einer Million Vermögen greift und sie ist auch überhaupt keine Vermögenssteuer, solange es erlaubt ist, sie auf die Miete umzulegen. Dadurch erst sind nämlich alle Tübinger Einwohnerinnen und Einwohner betroffen.
Eine echte Vermögenssteuer wäre hingegen gut und auch gerecht: Die deutschen Milliardäre sind zu 70% durch Erbschaft, also durch Geburts-Glück zu Ihrem Vermögen gekommen.
Zu den Fraktionen, die rechts der Grünen sitzen: Anders als Sie haben wir damit einen Vorschlag gemacht, der funktioniert hätte. Die Gewerbesteuer zu krass zu erhöhen wäre zwar auch nicht richtig. Aber so wie Sie schon lange Einsparungen fordern, fordern wir eine Gewerbesteuererhöhung schon seit Jahren und auch schon in besseren Phasen. Und jetzt werden wir zu dieser deutlichen Erhöhung einfach vom RP gezwungen. Denn nein, weitere Einsparungen statt Steuererhöhungen sind weder vertretbar noch dieses Jahr noch umsetzbar. Keinen Vorschlag zur Verteilung der Steuererhöhungen zu machen war daher unverantwortlich.
Das Ergebnis, das wir heute sehen ist von unserem Vorschlag sehr weit entfernt. Das liegt nicht daran, dass wir nicht versucht hätten, zu verhandeln. Die Grünen haben aber leider überhaupt keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt, sondern wollen lieber mit der einen Stimme der Satirepartei die größte Steuererhöhung seit langem durchdrücken, und den gewinnerzielenden Gewerbetreibenden in Tübingen quasi keinen Cent Mehrbelastung zuzumuten. Die Grundsteuererhöhung trifft jeden einzelnen Haushalt in Tübingen. Siebzehntausend dieser Tübingerinnen und Tübinger haben die Grünen gewählt und ich frage mich, ob die eigentlich wissen, was die Grünen hier im Gemeinderat tun. Ich erkenne nur noch konservative Strobl-Kretschmann-Politik und von grün und alternativ ist da nicht mehr viel übrig.