Cyber Valley: Gegen den Ausverkauf der Stadt, der Universität und des Wissens

Kundgebung am Freitag, 6. Juli, 17:00-19:00 Uhr am Holzmarkt in Tübingen

Ohne jede öffentliche Diskussion wurde von der Max-Planck-Gesellschaft, der Landesregierung, der Industrie und den Universitäten Stuttgart und Tübingen das Neckartal zwischen Stuttgart und Tübingen zum Cyber Valley erklärt, das als „Biotop für die Entwicklung Künstlicher Intelligenz“ fungieren soll. Diese Pläne, die bereits seit etwa zehn Jahren verfolgt werden, führen insbesondere zu einer engen Verquickung zwischen Politik, Wissenschaft und Industrie und zeigen bereits jetzt deutliche Folgen für die Stadt und den Universitätsstandort Tübingen.

Explizit vorgesehen ist die schnelle Umsetzung neuer Forschungsergebnisse in Praxis und kommerzielle Nutzung. Dabei ist klar, dass die aktuelle Forschung zu Künstlicher Intelligenz und „Big Data“ v.a. Potentiale zur immer intensiveren Überwachung der Bevölkerung und militärischer Nutzung birgt. Bereits jetzt laufen Pilotprojekte zur Gesichtserkennung und intelligenten Videoüberwachung im öffentlichen Raum, obwohl diese Technologien noch keineswegs ausgereift und gesellschaftlich hochumstritten sind. Unternehmen wie Atos, das mittlerweile ebenfalls in Tübingen angesiedelt ist, entwickeln Grenzüberwachungs- und Zielerkennungssysteme auf der Basis multisensorieller Mustererkennung ( https://atos.net/en/products/defense-mission-critical/homeland-security/border-control ). Die Forschung zu „intelligenten Algorithmen“ soll u.a. auf Kundendaten basieren, weshalb sich das Cyber-Valley-Konsortium über die Beteiligung des Internet-Konzerns Amazon freut, der noch in diesem Jahr mit dem Bau eines Entwicklungszentrums auf der Oberen Viehweide beginnen will. Insgesamt feuert das Cyber Valley die Bautätigkeiten für Forschungseinrichtungen und hochpreisige Wohnimmobilien in Tübingen an und treibt auch damit Preise in die Höhe.

Eine von der Industrie und militärischen Interessen angetriebene KI-Forschung wird uns einer Lösung der drängenden Menschheitsfragen nicht näher bringen, sondern die aktuellen Krisen und die internationale Konkurrenz bei der Entwicklung „disruptiver Technologien“ nur weiter verschärfen. Das von den Universitäten, der Politik und der Industrie im Stillen vorbereitete Cyber Valley zersetzt die Freiheit der Wissenschaft, die letzten Reste einer demokratisch strukturierten Hochschule und jede Ansätze einer Stadtentwicklung von unten. Stattdessen fordern wir:

  • Eine Offenlegung aller Pläne und Strukturen des Cyber Valley
  • Keine Ansiedelung des Amazon-Konzerns in Tübingen, da der Konzern für schlechte Arbeitsbedingungen und umfangreiche Ausspähung der Konsument*innen bekannt ist
  • Eine solide Grundfinanzierung und Demokratisierung der Hochschulen, statt immer größerer Abhängigkeit von Drittmitteln, Stiftungsprofessuren und Industrie
  • Keine Zusammenarbeit mit Militär und Rüstung
  • Keine öffentliche Unterstützung für Projekte, die die schnelle Umsetzung neuer Technologien in die Praxis ohne öffentliche Diskussion und Technikfolgenabschätzung zum Ziel haben
  • Sozialen Wohnungsbau und eine Stadt für alle und statt als Standort im „Kampf um die besten Köpfe“

Kommentare sind geschlossen.