
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Palmer, sehr geehrter Herr erster Bürgermeister Soehlke, sehr geehrte Sozialbürgermeisterin Frau Dr. Schäfer-Vogel
Wir alle wissen, was Spitzenbeamte und Aufsichtsräte verdienen, und wir wissen, was Manager in Konzernetagen beziehen.
Ich frage mich, wie abgehoben müssen Verwaltung und Gemeinderäte sein, dass die Abfallbeschäftigten der Stadt für ihre schwere Arbeit – bei Hitze und Kälte -, zukünftig nur noch Mindestlohn bekommen sollen, – in einer Stadt mit hohen Lebenshaltungskosten und hohen Mieten. Ich frage mich, warum wir uns als Kommune an dieser asozialen Abwärtsspirale mit eingebauter Tarifflucht beteiligen sollen. Die bisherigen Beschäftigten der Kommunalen Service Betriebe Tübingen sind zwar abgesichert und werden in andere Bereiche übernommen. Soweit gut. Für Leiharbeiter gilt das aber nicht, – für befristete Beschäftigte auch nicht.
Die zukünftigen Müllbeschäftigten verlieren dann ihre tariflichen Absicherungen.
Jeder weiß, dass die Müllabfuhr langfristig durch die Privatisierung nicht billiger sondern teurer werden wird. Lange ist nur in geleaste Fahrzeuge investiert worden. Im Schwärzlocher Täle lockt das Immobiliengeschäft.
Deshalb – Frage – was passiert zukünftig mit dem Bauhof im Schwärzlocher Täle. Bisher gibt es keine Antwort; soll das Gelände profitabel veräussert werden? Ist das Teil des Konzeptes?
Die Tarifzahlungen im Öffentlichen Dienst sind nicht zu hoch. Ihre Schuldzuweisungen, Herr Oberbürgermeister sind falsch, auch wenn Sie das bei Lanz und BILD und anderswo immer wieder hervorholen. Die Tariferhöhungen der Beschäftigten sind nicht verantwortlich an der Misere der kommunalen Haushalte. Nicht die Löhne sind in den vergangenen Jahren durch die Decke geschossen sondern die Preise und die Mieten. Weshalb treten Sie immer wieder nach unten – und nie nach oben ?
Die kommunalen Beschäftigten hängen auch nach dem Tarifabschluss in den Kommunen den Tarifen in der Wirtschaft hinterher. Verwaltungsangestellte, Erzieher:innen, Busfahrer:innen, und Müllwerker:innen sind nicht überbezahlt. Ihnen gehört unsere Solidarität.
Das ist jetzt nach 2010 und 2023 bereits der dritte Versuch unsere Müllabfuhr zu privatisieren. In Tübingen liegen die Gelben Säcke von ALBA oft so lange rum, bis sie von Mäusen und Ratten zerfressen sind. Wer sammelt dann notgedrungen die Sauerei ein, die ALBA interlässt? Wie ich öfters beobachte, müssen da ständig kommunale Beschäftigte zusätzlich mit der Schaufel hinlangen, obwohl sie nicht zuständig sind. Ein unwürdiges Spiel! Auf Dauer ist das ein Fall für das Gesundheitsamt!
Die Entsorgung durch die öffentliche Hand ist erfahrungsgemäß wirklich zuverlässig. Das sieht man daran, dass Stadt und Kreis Tübingen ständig außer Stande sind, sicherzustellen, dass die Firma Alba den Gelben Sack pünktlich abholt. Das Duale System ist zwar teuer bezahlt, aber die private Leistung wird nur miserabel erbracht.
Zusammen mit den Gewerkschaften lehnen wir Linke weiterhin ab, die Müllabfuhr in Tübingen zu privatisieren. Die ersten, die in solchen Fällen die Zeche zahlen sind immer die Beschäftigten. Sie verdienen in der Regel in Privatunternehmen weniger und brauchen oft staatliche Hilfen wie Aufstockung des Lohns und Wohngeld – das ist kein Gewinn sondern ein Zuschussgeschäft für die öffentliche Hand.
Das ist staatliche Lohnsubventionierung – warum dann nicht gleich ordentliche Löhne zahlen? Und die Beschäftigten müssen dann oft allein stemmen, was zuvor mehrere Kollegen erledigt haben. Bei uns in Tübingen sind in der Regel ein Fahrer und zwei Lader, bei der Privatfirma ein Fahrer und nur ein Lader. Die Beschäftigten haben im öffentlichen Dienst eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen als bei einem privaten Anbieter.
Unser Ziel ist es auch „den Erhalt der kommunalen Daseinsvorsorge“ zu sichern. Denn dies stärkt in schwierigen Zeiten das Vertrauen der Menschen in einen funktionierenden Staat“. Wir alle wissen – wie wichtig das für unsere Demokratie ist! Ulm z.B. würde nie wieder ihre Müllentsorgung privatisieren. Reutlingen hat auch einen Eigenbetrieb.
In Zeiten von knappen Haushalten werden diese öffentlichen Dienstleistungen privatisiert mit dem vermeintlichen Ziel, die Ausgaben zu senken. Wir bezweifeln, dass es langfristig billiger wird, wenn ein Privatunternehmen den Tübinger Abfall abholt.
Trotz vieler Erfahrungswerte, dass eine Privatisierung öffentlicher Aufgaben in der Regel eine Senkung der Qualität und Verlässlichkeit ist, werden immer wieder Entscheidungen in diesem Sinne durch kommunale Gremien getroffen.
Da machen wir nicht mit! Auch die Privatunternehmen leiden an Fachkräftemangel – wie wir zwischen Ostern bis zum 5. Mai – mitbekommen haben. Die Nichtabholung der gelben Säcke war in der Presse angekündigt, da ging nichts mehr. Für solche Verschlechterungen, liebe Gemeinderatskolleginnen und Kollegen, sind wir nicht gewählt worden im letzten Jahr!
Schon beim letzten Versuch 2023 hat die Stadtspitze uns versucht zu erzählen, dass die Privatisierung alternativlos sei und dass es keine rechtlichen Möglichkeiten gäbe, einen anderen Vertrag mit dem Landkreis abzuschließen.
Inzwischen gibt die Stadtverwaltung in ihrer Vorlage zu: ja, es gibt die Möglichkeit einen neuen Vertrag zu besseren Konditionen mit geringerem Defizit für die Stadt abzuschließen! Die Stadtverwaltung behauptet aber, dann würden die Müllgebühren höher als im Rest des Landkreises. Die Stadtverwaltung verschweigt aber, dass bei einer Privatisierung die Müllgebühren wahrscheinlich auch steigen werden. Die Vorlage der Stadtspitze ist tendenziös, weil sie die Privatisierung aus politischen Gründen durchsetzen will.
Die Kommunen brauchen für ihre Aufgaben zweifellos mehr Geld, das ist unbestritten. Aber es passiert nichts! Weder im Bund noch im Land. Die müssten es dort holen, wo sich der gesellschaftliche Reichtum angehäuft hat. Große Erbschaften und hohe Vermögen müssen wieder entsprechend besteuert werden.
Der Landkreis müsste der Stadt Tübingen einen kostendeckenden Preis – im bestehenden Vertrag mit der Stadt bezahlen – um den Verlust zu verringern, so dass die realen Kosten abgebildet werden. Wenn das rechtlich nicht möglich ist, sollte der Kreis mit der Stadt eine selbstständige Kommunalanstalt gründen.
So könnte die städtische Müllabfuhr weiterhin rechtssicher den Abfall abholen. 2010, 2023 konnten wir die Privatisierung verhindern, die Tübingerinnen und Tübinger stehen hinter der städtischen Müllabfuhr! Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!