Interfraktioneller Antrag Tübingen, 13.1.2025
Resolution: Gewerbesteuerumlage abschaffen
Der Tübinger Gemeinderat fordert die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag auf:
- Die Umlage nach Maßgabe des Gewerbesteueraufkommens (§ 6 des Gesetzes zur Neuordnung der Gemeindefinanzen; „Gewerbesteuerumlage“) abzuschaffen.
- Die Gewerbesteuer durch eine Gemeindewirtschaftssteuer zu ersetzen, die alle selbstständigen Tätigkeiten mit Gewinnerzielungsabsicht umfasst – nicht nur gewerbliche. Zur Bemessungsgrundlage sollten auch Schuldzinsen gehören, um Gewinn- und Steuerverlagerungen effektiv zu verhindern.
Begründung:
Die Kommunen in Deutschland sind strukturell unterfinanziert. Neben der Anpassung der Hebesätze haben sie keine Möglichkeiten, ihre Einnahmen eigenständig zu beeinflussen und sind in hohem Maße auf die Finanzierung durch Bund und Länder angewiesen. Diese Finanzierung steht jedoch seit Langem nicht mehr im Verhältnis zur Aufgabenübertragung durch Bund und Länder.
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, brachte dies im ARD-Morgenmagazin am 04.12.2024 in einer Diskussion mit OB Palmer treffend auf den Punkt:
„Der Kern des Problems ist, dass Bund und Länder immer mehr Aufgaben auf die Kommunen übertragen: Digitalisierung von Schulen, Integration geflüchteter Menschen, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule. Alles kluge Initiativen, alles richtig, aber alles nicht ausfinanziert. Das heißt, wir bekommen die Aufgaben und müssen irgendwie dafür sorgen, dass sie finanzierbar werden – und das schaffen wir nicht mehr.“
Eine grundlegende Reform, die die Gewerbesteuer durch eine Gemeindewirtschaftssteuer ersetzt, wäre dringend notwendig, da sie die Einnahmebasis der Kommunen verbreitern würde. Diese Steuer, die dann nicht nur Gewerbetreibende, sondern alle Selbstständigen trifft, wäre auch gerechter.
Außerdem ist es vor diesem Hintergrund nicht länger vertretbar, dass Kommunen einen erheblichen Teil ihrer eigenen Steuereinnahmen an den Bundeshaushalt abgeben müssen. Als kurzfristig umsetzbare Maßnahme bietet sich daher die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage an.
Das Grundproblem bleibt jedoch:
Es gibt zu wenig Geld im gesamten System. Das derzeitige Dilemma, zwischen der Finanzierung von Bundes-, Landes- und kommunalen Aufgaben abwägen zu müssen, ist nicht lösbar. Es braucht daher mehr finanzielle Mittel insgesamt und eine gerechtere Verteilung von Vermögen. Dies sollte durch die Einführung einer Vermögenssteuer, einer stärkeren Erbschaftssteuer sowie durch konsequentes Vorgehen gegen Steuerflucht erreicht werden.
Zur Höhe und Verteilung der Gewerbesteuerumlage:
Die Gewerbesteuerumlage beträgt 35 % der Summe der Gewerbesteuermessbeträge:
- 14,5 % gehen an den Bund,
- 15,8 % an das Land,
- 4,7 % werden über Schlüssel-/FAG-Zuweisungen vom Land an die Kommunen rückverteilt.
Diese 35 % entsprechen den ersten 35 Hebesatzpunkten.
Von den verbleibenden Hebesatzpunkten (in Tübingen aktuell 355) dürfen die Kommunen die entsprechenden Erträge behalten.
Tübingen zahlt aktuell 5,65 Mio. € Gewerbesteuerumlage.
Für die Linke Fraktion: Gerlinde Strasdeit
Für die FRAKTION, DiB, Huhn: Markus Vogt
Für die Fraktion Klimaliste: Jana Krämer