Mittwochspalte im Schwäbischen Tagblatt vom 12. Februar 2025

Am 30.01. hat der Gemeinderat mit knappster Mehrheit einen Haushalt beschlossen, von dem alle im Saal wussten, dass er nicht genehmigungsfähig ist.
Zu groß ist nach wie vor das Defizit, obwohl dieser Haushalt Sparmaßnahmen enthält, die wichtige soziale Errungenschaften in Tübingen zunichte machen werden: Die Beratung von Menschen in Not, die Lehrmittel an den Schulen, die Mittel für die Straßensanierung werden zusammengestrichen, das Busangebot wird eingeschränkt; und das sind nur Beispiele. Da noch weiter zu sparen wäre Wahnsinn, waren sich außer CDU und FDP alle einig.
Vermutlich werden zum Erreichen der Genehmigungsfähigkeit deshalb neben den Gebührenerhöhungen, die schon beschlossen sind, auch Steuererhöhungen folgen – müssen.
Warum „müssen“? Die Stadt ist gesetzlich verpflichtet, den Haushalt auszugleichen. Da führt zumindest in der konkreten Situation für den Gemeinderat kein Weg vorbei.
Auf Bundesebene hingegen gäbe es Optionen:
Bund und Länder beschließen nämlich Gesetze, die die Kommunen umsetzen müssen, aber die Landkreise und Städte kriegen für diese Mehrkosten nicht mehr Geld – so werden sie ins Defizit gezwungen, sind aber durch andere Gesetze gezwungen, dieses auszugleichen (Überspitzt gesagt setzten die Regierungen der letzten Jahrzehnte so ihre Koalitionsprogramme um: Auf diese Weise hielten Grüne/SPD ihre Versprechen und CDU/FDP bewahrten dem Bund die Schuldenbremse und den Reichen ihre Vermögen).
Gesetze zur Erhöhung der kommunalen Einnahmen sind keine in Sicht. Im Gegenteil: Ein Gesetz aus den 60ern zwingt die Städte nach wie vor, von den eigenen Einnahmen einen Teil an Bund und Land abzugeben. Nur folgerichtig, dass der Gemeinderat letzten Donnerstag mehrheitlich den Bundestag aufgefordert hat, diese Gewerbesteuerabgabe abzuschaffen.
Dieses Vorgehen ist – spätestens – jetzt aber an eine Grenze gekommen: Die Zahl der betroffenen Kommunen steigt rasant und das Problem ist nicht mehr auf einzelne Bundesländer beschränkt. Die nächste Bundesregierung wird hier handeln müssen. Die Vorschläge der Linken liegen schon lange bereit: Entschuldung der Kommunen, statt der Gewerbe- eine Gemeindewirtschaftssteuer für alle Unternehmen, Befreiung der Mieter von der Grundsteuer, Übernahme der Kosten für Sozialleistungen durch den Bund – gegenfinanziert durch höhere Steuern für Superreiche, Spitzenverdiener und Millionenerben