Ist BFO nur ein Türöffner?

Gerlinde Strasdeit, Fraktionsvorsitzende im Gemeinderrat

Immer, wennes wie im Aischbach II um Flächenvergabe für neue Gewerbeansiedlungen geht, fragen wir Linken nach Tarifbindung der Unternehmen und nach einer Friedens- oder Zivilklausel. OB Boris Palmer geht jedes Mal an die Decke. Aber wir sind keine Spinner, und wir befürworten moderne umweltschonende Technologien. Es ist uns nur ernst damit, dass wir Forschung für militärische Zwecke und Rüstungsunternehmen in Tübingen nicht haben wollen.

Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg; die Bilanz: 20 Millionen tote Soldaten und Zivilisten, unzählige Verletzte. Im November 1918 weigerten sich Soldaten und Arbeiter auch in Württemberg, den Krieg fortzusetzen, und bildeten Räte. Der König dankte ab und floh nach Bebenhausen. Die Losung der hungernden Bevölkerung hieß Brot und Frieden. Die Frauenbewegung setzte im gleichen Jahr das Frauenwahlrecht durch. Die Stadt Tübingen begeht das Ereignis mit einer anspruchsvollen Veranstaltungsreihe unter anderem über Clara Zetkin, Kriegsgegnerin und Initiatorin des Internationalen Frauentags. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Lazarettstadt Tübingen von alliierten Bomben fast völlig verschont, weil hier Krankenhäuser standen und keine Waffenfabriken.

Ich erinnere daran, weil die ZF Friedrichshafen AG hinter der E-Tretroller-Firma Brake-Force-One steht. ZF entwickelt, produziert und unterstützt Technologien für Antriebs- und Fahrwerktechnik, sowohl im zivilen wie auch im militärischen Bereich (Panzer). Niemand sagt uns, was ZF mit seiner strategischen Joint Venture Beteiligung von 48 Prozent im Aischbach II letztlich vorhat. Die angekündigte ABS von BFO gibt es noch nicht. Der E-Roller Flynn hat Konkurrenz. Ist die Option für BFO nur ein Türöffner? Wächst da auf ausgerolltem Tübinger Rathausteppich die grüne Radelrutsch-Connection und der militärisch-industrielle Komplex zusammen?

Unter dem Beifall der Gemeinderatsmehrheit steigt der Investor im Aischbach II zudem lukrativ ein in den sogenannten „Werkswohnungsbau“, vorrangig wohl für Führungskräfte. Das Nachsehen haben Handwerksbetriebe, die sich brav an die bisherigen Vorschriften gehalten haben, sich mit den Restflächen begnügen dürfen und dafür noch von Palmers Hofstaat verspottet werden. Und wie selbstverständlich: das Wort Sozialwohnungen kommt trotz aller Sonntagsreden beim BFO-ZF-Magura-Joint-Venture-Consulting-Wohnungsprojekt nicht vor.

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