Missstand Schülertickets

Bernhard-Strasdeit
Kreisecke im Schwäbischen Tagblatt von Bernhard Strasdeit

So geht verkorkste Familienpolitik: Die vier Euro mehr Kindergeld aus Berlin wurden den Eltern im Landkreis bei den Naldo-Tickets schon vorher wieder aus der Tasche gezogen. Das war kein Glanzstück, als der Kreistag in der letzten Sitzung eine neue Satzung über die Schülerbeförderung beschloss. „Ticket-Preistreiberei auf Kosten der Eltern“, kommentierte das TAGBLATT zutreffend.

Das Naldo-Schüler-Abo kostet jetzt 40,60 Euro schon in der ersten Wabe. Der aufgestockte Preis wird zukünftig ab der 5. Klasse bei allen Schularten erhoben, auch bei Sonderschulen. Die Preisstruktur fällt damit unsozialer aus als bisher. Deshalb haben wir als einzige Fraktion dagegen gestimmt. Die Vergünstigung über die Kreisbonuscard für Bezugsberechtigte von Sozialleistungen halten wir nicht für ausreichend. Viele Eltern, die im Niedriglohnbereich arbeiten und knapp über dem Limit liegen, haben nichts davon und zahlen voll.
Warum wird ein Berufsschüler je nach Entfernung monatlich doppelt und dreifach mehr belastet als Studierende mit Semesterticket? Es gibt Antworten: Schüler haben keine Lobby. Die Landesregierung subventioniert Semestertickets für Studierende; aber Finanzminister Schmid (SPD) blockt bei den kommunalen Zuschüssen für die Schülerbeförderung, trotz den einschneidenden Veränderungen in der Schullandschaft mit weiteren Entfernungen.
Der Verkehrsverbund Naldo sieht bei sich keinen sozialen Auftrag. Dessen Kalkulatoren rechnen nur betriebswirtschaftlich, und das auch noch falsch. Faktoren wie Höchstauslastung im Fahrbetrieb vor Schulbeginn werden nicht entlastend berücksichtigt; wohl aber belastend, dass bei Schülern hohe Preise leichter durchsetzbar sind, weil sie auf Bus und Bahn angewiesen sind. Und der Landkreis hat sich darauf festgelegt, diese Naldo-Rechnung als bare Münze zu nehmen und bei Schülertickets höchstens 2,50 Euro drauf zu legen.
Wir sagen: Bildungsnebenkosten dürfen nicht weiter einseitig den Eltern aufgehalst werden. Das Mindeste wäre, die Fahrpreise auf das Niveau der Semestertickets zu senken. Unser Antrag dafür fand im Kreistag keine Unterstützung, auch nicht von den Grünen, die sonst gerne Sonntagsreden für einen ticketfreien Nahverkehr halten. Bei den Schülern könnte man einen Feldversuch starten. Einen Rucker wird es erst geben, wenn sich Schülervertretungen, Eltern und Schulleitungen gemeinsam gegen den Missstand wehren.
Bernhard Strasdeit, Kreisrat der Tübinger Linken

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