Palmer spricht nicht in unserem Namen

Gerlinde Strasdeit, Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Der Oberbürgermeister ist Vorsitzender des Tübinger Gemeinderats. Wir sind der Auffassung: mit seinen ständigen medialen Provokationen hat er dem Ansehen der Stadt geschadet. Wir sollten als Rat in aller Sachlichkeit deutlich machen: Er spricht nicht in unserem Namen, wenn er Menschen mit schwarzer Hautfarbe oder Geflüchtete unter Generalverdacht stellt. Der Gemeinderat steht für eine demokratische Integrations- und Bleibekultur. Wenn der OB sich daran nicht hält, ist der Gemeinderat gefragt, das klar zu stellen. Deshalb begrüßen wir Linken die Initiative der SPD und unterstützen den interfraktionellen Antrag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen,
Ich kann nicht verstehen, warum ihr diesen Antrag nicht unterstützen könnt. Wochenlang beherrschten Eure Stellungnahmen zu diesen Äußerungen die Schlagzeilen und Leserbriefseiten des Tagblatts – auch ihr habt mehrmals dazu Stellung bezogen und euch medial und landesweit kritisch geäußert. Auf Parteitagen und Gremiensitzungen der Partei die Backen aufzublasen und dann hier nicht zu pusten macht euch unglaubwürdig.

Das betrachte ich als Missachtung des Gemeinderats. Das Ansehen der Stadt ist doch keine innerparteiliche Angelegenheit. Wir sind der Meinung, die Debatte um Rassismus und Pauschalbeschimpfung von Geflüchteten, die Migrationsdebatte, die Debatte über Integration und die medialen Botschaften des OB gehören auch in dieses Gremium.
Ja, wir sind der Meinung, dass die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen fundamentalen Charakter hat, fundamental, weil die Menschenrechte überall auf der Welt gelten und für alle Menschen Gültigkeit haben. Der Oberbürgermeister einer weltoffenen Stadt muss da unmissverständlich sein.

Herr Palmer, nehmen Sie sich ein Beispiel am Bürgermeister von Palermo, der trotz der großen Probleme seiner Stadt an diesen fundamentalen Werten beispielhaft festhält.
Und Herr Oberbürgermeister, ja – es stimmt, es besteht immer auch die Gefahr, dass der Begriff „Menschenrechte“ missbräuchlich verwendet wird. Sie selbst haben sich das vorzuwerfen.
Ich erinnere daran: Sie selbst haben den völkerrechtswidrigen Krieg der NATO gegen Jugoslawien gerechtfertigt und in ihrer Partei mit durchgesetzt. Sie selbst haben im Namen der Menschenrechte den Krieg gegen Afghanistan gerechtfertigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
In der vorliegenden Resolution steht nicht mehr und nicht weniger, als das, was wir selbstverständlich von unserem Stadtoberhaupt erwarten können:
Dass er sein Handeln und Reden und Verhalten darauf ausrichtet, dass sich alle Menschen in unserer Stadt, egal welcher Herkunft, Nationalität und Hautfarbe sie sein mögen, sich hier als geachtet und willkommen fühlen können. Und dass er Fremdenfeindlichkeit entschieden entgegentritt statt dabei hilft, das hoffähig zu machen.

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