Gerlinde Strasdeit
Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Palmer,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Soehlke
sehr geehrte Sozialbürgermeisterin Frau Dr. Schäfer-Vogel,

Sehr geehrte Besucherinnen, sehr geehrte Besucher der heutigen Ratssitzung.

Erstmal von unserer Seite ein Dankeschön an die Kämmerei – Frau Günthner und Frau Geiss – und Danke an Kollegin Asli Kücük u. der AL/Grünen Geschäftsführerin Frau Vogler für die Organisation der interfraktionellen Haushaltsverhandlungen.

Bedanken möchte ich mich für die Stellungnahme des Personalrats. Die Sicht der Beschäftigten in der Verwaltung, bei der Feuerwehr und im pädagogischen Bereich ist uns wichtig. Danke auch an die Jugend – und Ausbildungs-Vertretung, die sich für die Beibehaltung von Azubi-Stellen eingesetzt hat.

Den Konsolidierungsgesprächen der letzten Wochen haben wir uns als Linke-Fraktion nicht verweigert. Aber: wir können – unter dem Strich – dem Haushalt mit seinen massiven Kürzungen und sozialen Streichungen nicht zustimmen. Wir stimmen also aus ganz anderen Gründen nicht zu – als die KollegInnen der anderen Fraktionen.

Kollege Besenfelder, auch Kollegin Gomes und ich haben sich an allen interfraktionellen Beratungen konstruktiv beteiligt und wir haben auch in unserer Fraktion mit Kollegin Rosenkranz mehrmals ausgelotet, ob und bei welchen der 234 Kürzungspunkten wir mitkönnen oder Spielräume sehen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt hinzubekommen. Aber das strukturelle Defizit bleibt. Nein sagen kann manchmal auch konstruktiv sein.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen:
Ihre Schuldzuweisungen, Herr Oberbürgermeister sind falsch: Die Tariferhöhungen der Beschäftigten sind nicht verantwortlich an der Misere der kommunalen Haushalte. Nicht die Löhne sind in den vergangenen Jahren durch die Decke geschossen sondern die Preise und die Mieten. Die kommunalen Beschäftigten hängen nach wie vor den Tarifen in der Wirtschaft hinterher. Verwaltungsangestellte, Erzieher:innen, Busfahrer:innen und Müllwerker:innen sind nicht überbezahlt. Ihnen gehört unsere Solidarität.

Oberbürgermeister und Landräte sollten lieber die übersteigerten Managergehälter aufs Korn nehmen und die Milliardenvermögen der Superreichen gerechter besteuern. Dort gibt es tatsächlich Überstandards! Setzen Sie sich bitte im Städtetag dafür ein – statt sich auf die Gewerkschaften einzuschießen.

Sozialabbau hat eine Kehrseite. Laut Wirtschaftsminister Habeck sollen die Ausgaben für Kriegswaffen und militärische Ausrüstung zukünftig um 3,5 % des Bruttosozialproduktes steigen. Trump lässt grüßen.

Die zunehmende Tübinger Mangelwirtschaft in den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Verkehr hinterlässt jetzt tiefe Spuren. Am schnellsten in Bereichen, die von Diskriminierung betroffen sind.
Das betrifft geflüchtete Menschen – Stichwort Plan B – und queere Einrichtungen, auch sie sind zukünftig weniger geschützt. Dies ist in Zeiten von Rechtspopulismus und die damit verbundene Hetze umso schlimmer.
In einer Demokratie müssen gerade die Gruppen geschützt werden, die als erstes von Diskriminierung betroffen sind. Das kostet Geld, damit die nötige Unterstützung und Schutzräume vorhanden sind.

Einige Stichpunkte, die ich hervorheben möchte.

Stichwort Schulen:
Frau Petry vom Gesamtelternbeirat hat das im letzten Gemeinderat zusammengefasst, wie zäh es war – Jahr für Jahr für die Schulen etwas mehr Geld im Haushalt einzustellen, das dringend gebraucht wurde. Sie warnte davor, dass es Jahre dauern wird, diese Kürzungen wieder einzufangen. Das ist auch meine Erfahrung der letzten 25 Jahre und das können wir uns nicht leisten für unsere Kinder und Enkel.
Wir Gemeinderät:innen und Räte samt Jugendgemeinderat waren vor Ort und kennen die Sorgen der geschäftsführenden Schulleiter:innen.

Stichwort: Schulabsentismus: Die Personalstelle zum Thema Schulabsentismus, die eingestellt werden sollte, wurde jetzt 2025 gestrichen. Das können wir nicht nachvollziehen!

Ludomobil: ein außerordentliches u. mobiles Spielangebot mit sozialpädagogischer Ausrichtung für Kinder zwischen 6-12 Jahren. Bisher wurden 5 Standorte angefahren in Wohngegenden mit infrastruktureller Vernachlässigung, meist an 3 Tagen die Woche. Dieser Bereich wurde jetzt mit einem 50% Stellenanteil gekürzt. Das bedauern wir.

Mobile Jugendarbeit: Kürzung von 1,75 auf 1,5 Stellen auch bei der mobilen Jugendarbeit – das lehnen wir ab – wir sind – wie der Jugendgemeinderat – der Meinung, dass dies die einzige Organisation ist – die auf Jugendliche aktiv zugeht und je nach Fall sich kümmert und konkrete Hilfe anbietet! Danke an den Jugendgemeinderat!

zu Kitas: die kleinen freien Trägern, die von der Stadt bezuschusst werden bekommen seit 2010 anstatt 100% – 95%, und die Pauschalen für Verwaltung, Außengelände und Sachkosten werden nicht erhöht sondern ausgesetzt. Ihre Geschäftsführung und Eltern haben diese Kürzungen frühzeitig angemahnt und die Gemeinderäte darüber informiert.

So verliert man qualifiziertes Fachpersonal
Wir wollen keine Streichungen und zwar weder bei den städtischen Kitas – und auch nicht bei den Kitas der kleinen freien Träger. Dies bedeutet eine wichtige Ergänzung zu den städtischen Einrichtungen, genauso wie die kirchlichen Kindergärten. Seit März 2020 waren harte Zeiten für die Kinder und die Eltern durch Corona u. geschlossene Kitas! Und für die Erzieherinnen; Die Eltern arbeiten, brauchen das Geld und brauchen dazu sichere und gute Kitaplätze für ihre Kinder.

Danke an den Paritätischen Tübinger Kreisverband mit Appell an den Tübinger Gemeinderat vom 10.1. “ Kürzungen im Bereich Prävention zahlen sich nicht aus!“

Danke – an alle Initiativen und Einzelpersonen die Briefe an uns geschickt haben. Danke an den Gesamtelternbeirat der Kinderbetreuungseinrichtungen!

ITZ- Wir stehen weiter hinter dem Zimmertheater und die Bezahlung der Beschäftigten mit entsprechendem Tariflohn. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident 1984-1994 sagte „Kultur ist kein Luxus“!
Das muss drin sein, sage ich.

Öffentlicher Verkehr – rund 1 Million Kürzung der Gelder beim TüBus. Das ist das falsche Signal! Das Anwohnerparken wird erhöht – Bei manchen Linien wird der tägliche Fahrplan verschlechtert, z.B. bei der Linie 10 Österberg ist geplant die Haltestelle Fritz-Bauer-Straße nicht mehr anzufahren. Das ist für ältere Bewohnerinnen nicht zumutbar. Zur nächsten Haltestelle ist die Distanz 400 m und zusätzlich noch mit aufsteigendem Weg. Der Plan ist: Durch die Anwohnerparkgebühren werden die Einnahmen für die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs verwendet. Wir bitten dies noch einmal zu überprüfen!

Die Jugend- und Seniorenarbeit durch ehrenamtlich getragene Initiativen und Institutionen dürfen nicht wieder runtergefahren werden.
Das ist auch unser Kit in der Tübinger Gesellschaft.

Und wir finden es falsch bei Tübinger Vereine und sozialen Initiativen den Inflationsausgleich zu streichen. Die Stadt Tübingen braucht die Vereine und Initiativen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt eher mehr als weniger.

Die Privatisierung der städtischen Müllabfuhr ist leider nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Ich betone: Die Auseinandersetzung geht weiter!

Fazit:

Die Linke wehrt sich gegen die Kürzung Kommunaler Leistungen und schlägt eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes vor. Wir sind keine Freunde der Gewerbesteuer, weil sie falsch gestrickt ist! Eine Gemeindewirtschaftssteuer wäre uns lieber. Viele Städte verlangen mehr Gewerbesteuer und Freibeträge sind geschützt.

Die zwei Haushaltsbegleitanträge, die wir eingereicht haben:

1. interfraktioneller Antrag – eine Resolution an die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, die Gewerbesteuerumlage abzuschaffen; Denn die Gelder sollen in den Kommunen bleiben und nicht an Land und Bund gehen. Dieser Antrag wird am 6.2. im Gemeinderat abgestimmt.

2. interfraktionelle Antrag – Beitritt zum Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“. Dieser wird am 17. Februar aufgelegt. Auch hier geht es um die Unterfinanzierung der Kommunen. Die Finanzierung der Kommunen ist in großem Maße vom Bund und Land abhängig. Das wollen wir ändern.

Danke für die Aufmerksamkeit!