Tübingen macht blau

Dr. Emanuel Peter, Linke-Kreisrat

Seit kurzem hat der Slogan von 2008 eine völlig neue Bedeutung. Denn das Cyber Valley auf der Oberen Viehweide dient Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut (CDU) als Blaupause für ihren landesweiten „Innovationspark Künstliche Intelligenz“ im Dreieck Neckar-Alb – Karlsruhe – Stuttgart: „Damit wollen wir die gesamte Wertschöpfungskette bei KI – von der Grundlagenforschung über die angewandte Forschung, Entwicklung bis hin zur Produktion von Gütern und der Erstellung von Dienstleistungen“ vernetzen. Sie verspricht eine „historische Transformation“ im Ländle. Gemeint ist nicht eine Umkehr im katastrophalen Verbrauch natürlicher Ressourcen wie Böden, Wasser und Wälder, um die Klimakatastrophe zu bekämpfen. Gemeint ist nicht die Umkehr im Wohnungsbau hin zu bezahlbaren Mieten oder die Einstellung von mehr Personal in Kitas, Krankenhäusern und Pflege. All dies wäre tatsächlich notwendig, um gestärkt aus der Krise herauszukommen.

Im Gegenteil! Gestützt auf eine Studie der Fraunhofer-Allianz Big Data geht es um enorme Produktivitätssteigerungen in Industrie, im Gesundheitswesen und in anderen Bereichen, damit hier ein „möglichst großer Teil des globalen Wertschöpfungspotentials realisiert“ wird, Forschung und Wissenschaft werden den Marktinteressen der Konzerne unterworfen. Mithilfe von Servicerobotern sollen die Produktivität des medizinischen Personal gesteigert, die Fehlerquote reduziert, die Medizinkosten und der klinische Aufenthalt verkürzt und damit Personal eingespart werden. Mit Industrierobotern bei Bosch, Audi und Continental soll die Produktivität um mindestens 20 Prozent steigen. Der auf viele Standorte verteilte Innovationspark soll 8000 neue Fachkräfte haben, die jährlich 1,9 Milliarden Euro erwirtschaften.

Anfang März beschloss der Regionalverband Neckar-Alb, sich für dieses Projekt zu bewerben. Beim Beschluss unter extremem Zeitdruck des Ministeriums (wie schon in Tübingen Ende Januar) durften gesellschaftliche Folgen wie bezahlbare Wohnungen, Steigerung des Stromverbrauchs durch Big Data, politische Kontrolle über das gesamte Projekt keine Rolle spielen. Stuttgart entscheidet bis Juni. Anstelle eines blauäugigen Hauruck-Verfahrens fordert Die Linke eine breite öffentliche Diskussion, eine Zivilklausel gegen militärische Forschung in den Verträgen und demokratische Kontrollen bei allen Entscheidungen.

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