Unbeschreiblich weiblich

Evelyn Ellwart, Linke-Stadträtin

Unbeschreiblich weiblich! Mit vier Frauen ist die Tübinger Linke mit 100 Prozent Frauenanteil in den Gemeinderat eingezogen. Damit heben wir den Frauenanteil im Gemeinderat gewaltig auf fifty-fifty. Das stärkt uns und das ermutigt uns zu unserer linken Politik für eine solidarische Stadt. Die ein gutes Leben für alle ermöglicht. Die Selbstbestimmung für alle ermöglicht, egal ob sie Armut, Flucht, Behinderung, Obdachlosigkeit, Niedriglohn, Krankheit erfahren, und egal ob sie männlich, weiblich, transident oder queer sind. Selbstbestimmung ist die Grundlage für Würde. Das hat uns besonders unser verstorbener Fraktionskollege Gotthilf Lorch gelehrt. Gotthilfs selbstgebaute „rote Holz-Hand“ ist fast legendär. Sie machte es ihm trotz seiner Contergan-Behinderung möglich selbst(bestimmt) abzustimmen.

Selbstbestimmung gilt ebenso für Studierende. Bin ich selbst als Studentin 1988 noch in den Streik an der Uni getreten für Mitbestimmung und unser politisches Mitspracherecht an der Uni – die verfasste Studierendenschaft -, habe eine Fachschaft mitgegründet und bin als Delegierte in die Räte-Vollversammlung im Clubhaus gegangen. Was wäre Studi-Politik ohne den Bierkeller gewesen? Im Anschluss an Versammlungen war dies der Ort, sich zusammenzutun, weiter zu diskutieren, neue Ideen zu entwickeln und sich als Teil einer Gruppe zu erfahren – zu leben.

Leben in einer Stadt ist mehr als einen Studienplatz zu haben oder einen Arbeitsplatz zu haben oder eine Wohnung zu mieten. Leben heißt, in dieser Stadt zu sein. Für das Sein braucht es Orte zu sein.

Wir Tübinger Linke verstehen es als unsere Aufgabe im Gemeinderat, dafür zu sorgen, dass hier gelebt werden kann. Dass es Orte für alle gibt. Der Bierkeller ist inzwischen geschlossen. Er hat keine neue Perspektive. Er war ein wichtiger Ort selbstbestimmter studentischer Kultur. Es kann nicht sein, dass es dabei bleibt. Wir meinen, er muss einen neuen Platz bekommen in der Nähe der Universität im Tal. Darum bringen wir einen interfraktionellen Antrag in den Gemeinderat ein. Dieser fordert die Stadtverwaltung auf, zusammen mit der Universität einen neuen Standort für den Bierkeller zu finden. Das ist das, was wir unter solidarischer Stadt verstehen. Nämlich: selbstbestimmt, für alle, und unbeschreiblich weiblich!

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