Programm
Tübingen – sozial und solidarisch
Programm der Wählervereinigung Tübinger Linke (TÜL e.V.) und der Partei DIE LINKE für Stadt und Kreis Tübingen. Beschlossen am 20. März 2024.
TÜL e.V. und die Partei DIE LINKE treten mit gemeinsamen Listen zur Gemeinderats- und Kreistagswahl an. Auf unseren Listen kandidieren Linke unterschiedlicher Weltanschauung, unterschiedlicher Nationalität, unterschiedlicher Parteien und Initiativen sowie Parteilose.
Dieses Programm kann auch im Design der gedruckten Ausgabe als PDF heruntergeladen werden.
1. Die Stadt gehört allen!▲
Sozial, solidarisch und klimagerecht in Stadt und Landkreis Tübingen
Die Wählervereinigung Tübinger Linke e. V. (TÜL) und die Partei Die Linke treten mit gemeinsamen Listen zur Gemeinderats- und Kreistagswahl an. Auf unseren Listen kandidieren Linke unterschiedlicher Weltanschauung, unterschiedlicher Nationalität, unterschiedlicher Parteien und Initiativen sowie Parteilose.
Wir engagieren uns für eine gerechtere Verteilung unseres gesellschaftlichen Reichtums. Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen von Steuern und Gebühren entlasten, Reiche und Superreiche angemessen an gesellschaftlichen Aufgaben beteiligen, dafür steht linke Politik – auch in den Kommunen.
Die im Bund regierende Ampelkoalition ist dabei, auf zentralen Feldern ihrer Politik zu scheitern. Die Klimaschutzmaßnahmen werden, wenn überhaupt, auf dem Rücken der Bevölkerung umgesetzt. Große Teile der Bevölkerung – bis weit in die Mittelschicht – erleben derzeit beispiellose Belastungen: Absenkung der Reallöhne durch anhaltende Inflation, Gefährdung der Renten, steigende Energiekosten und steigende Gebühren für öffentliche Dienstleistungen. Mieten und Baupreise erreichen schwindelerregende Höhen – Wohnen wird zum Luxus. Und das alles, während gleichzeitig Superreichen Steuerentlastungen gewährt werden.
Auch die Kommunen bleiben nicht verschont. Inflation, Mittelkürzungen des Bundes, z. B. bei Integrationsmaßnahmen und beim Naturschutzfonds, gestrichene Mittel zum Ausbau der Infrastruktur und fehlende Steuerzuweisungen zwingen viele Kommunen zu gravierenden Sparmaßnahmen.
Wir wollen, dass Stadt und Landkreis im Interesse der Menschen handeln. Teilhabe am öffentlichen Leben muss für alle Menschen eine Selbstverständlichkeit sein. Niemand darf diskriminiert werden. Wir treten für kommunale Selbstverwaltung ein und lassen uns leiten von der Idee des demokratischen Sozialismus.
Das bedeutet, dass Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie Gesundheit, Wohnen, Bildung, Energie, Wasser, Abfall und Verkehr nicht privaten Profitinteressen unterworfen werden dürfen, sondern in öffentlicher Verantwortung bleiben müssen.
Das bedeutet auch, dass Kitas, Schulessen und Ganztagsangebote gebührenfrei sein müssen. Denn das entlastet Familien mit mittlerem Einkommen, verschafft Familien mit niedrigeren Einkommen einen Zugang zu diesen Leistungen, ohne diskriminiert zu werden, und vermeidet überflüssige Bürokratie.
Klimagerechtigkeit ist auch kommunal ein zentrales Thema. Die Linke setzt sich schon seit langem für effektiveren Klimaschutz ein. Unsere Welt hat nur begrenzte Ressourcen, diese müssen daher schonend genutzt werden. Die Vorstellung, nur durch mehr Wachstum den gesellschaftlichen Wohlstand zu erhalten, hat sich als falsch erwiesen. Wir dürfen der Natur nicht fahrlässig immer weitere Flächen entziehen, und der CO2-Ausstoß muss drastisch reduziert werden.
Aber Klimaschutzmaßnahmen sollen den Menschen dienen, sie dürfen nicht zu Lasten der Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen gehen. Bezahlen sollten vielmehr diejenigen, die über lange Jahre an der Ausbeutung unserer Ressourcen am meisten verdient haben.
Wir stellen uns der Frage, wie Tübingen in fünfzig oder hundert Jahren aussehen soll. Wenn wir den Charme unserer fast tausend Jahre alten Stadt erhalten wollen, darf das flächenvernichtende Wachstum der vergangenen Jahre so nicht weitergehen. Der Wettlauf aus Anlocken von Gewerbe und entsprechenden Arbeitskräften auf der einen Seite, fehlenden Wohnungen, Kitas, Schulen und Verkehrsinfrastruktur auf der anderen Seite muss ein Ende haben.
Wir brauchen mehr Grünflächen in den Quartieren, mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr städtische Förderung der Photovoltaik. Der öffentliche Nahverkehr muss attraktiver werden: rascherer Ausbau und engere Taktung, vor allem ticketfreier Nahverkehr, um den Umstieg so einfach wie möglich zu machen. Nur so erreichen wir Klimaneutralität, nur so erhalten wir eine lebenswerte Stadt. Bei diesem Prozess darf niemand auf der Strecke bleiben.
Unsere Fraktionen in Gemeinderat und Kreistag konnten einiges erreichen, z. B. haben wir uns erfolgreich gegen die Privatisierung der Müllabfuhr gewehrt und uns für günstige Tickets im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt; mit breiter Unterstützung aus der Bevölkerung konnten wir verhindern, dass die Frauenrechtlerin Clara Zetkin von der Verwaltung per Knoten am Straßennamen mit Nazis und Rassisten gleichgesetzt wird.
Wir Linke beteiligen uns an antifaschistischen Bündnissen gegen Rechtsextremismus. Wir unterstützen die vielfältigen außerparlamentarischen Initiativen, sozialen Bewegungen und Gewerkschaften in Tübingen und versuchen, ihnen im Gemeinderat und Kreistag eine Stimme zu geben. Dazu gehören gemeinwohlorientierte Wohnprojekte, Beschäftigte, die für Tarifforderungen streiken, Eltern und Erzieher:innen, die sich für bessere Kitas einsetzen, Klimabewegungen wie Fridays for Future, Hilfsorganisationen für Geflüchtete, Aktivitäten gegen Rassismus, Militarisierung und Krieg – wir stehen an ihrer Seite.
Wir werben um Eure/Ihre Stimmen, denn wir wollen gestärkt in Gemeinderat und Kreistag einziehen, um dort den Anliegen der Menschen dieser Stadt und dieses Landkreises Gehör zu verschaffen!
2. Bezahlbares Wohnen▲
Boden ist ein öffentliches Gut. Wohnen ist ein Menschenrecht. Der Wohnungsmangel ist das Resultat verfehlter Politik.
In einem reichen Land wie Deutschland ist genügend Platz und Geld vorhanden, um alle Menschen zu versorgen.
Alle Menschen, die in Tübingen leben und arbeiten, müssen hier für sie bezahlbaren Wohnraum bekommen. Die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum sehen wir als öffentliche Aufgabe. Der Markt wird den Mangel nicht regeln: Jeden Tag beweist er das Gegenteil!
In Baden-Württemberg hat eine alleinstehende Person mit bis zu 55.250 Euro und eine Familie mit zwei Kindern und maximal 73.250 Euro Bruttojahreseinkommen Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein.
Das Problem: Es stehen viel zu wenige sozial gebundene Wohnungen zur Verfügung. Die Kreisbaugesellschaft führt eine Warteliste mit 1.850 Anträgen, die GWG hat 1715 Haushalte auf ihrer Liste, die dringend eine bezahlbare Wohnung suchen..
Zwar werden inzwischen mit dem Programm „Fairer Wohnen“ Mindestquoten für sozial- und preisgebundene Mietwohnungen im Neubau festgelegt, dies reicht aber bei Weitem nicht aus, um genügend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Insbesondere auf privaten Flächen sind die Quoten zu niedrig. Wir Linken setzen uns dafür ein, dass auch in privaten Baugebieten und in den Teilorten grundsätzlich vorrangig bezahlbare Mietwohnungen mit langfristiger Bindung entstehen.
Um die Zahl der bezahlbaren Wohnungen, die mindestens 25 % unter dem Mietspiegel liegen, massiv zu steigern, braucht es sowohl Neubau als auch den Erhalt von bezahlbaren Wohnungen sowie die Umwandlung von bestehenden Wohnungen in bezahlbare Wohnungen. Konkret heißt das für uns, dass es bei geförderten Wohnungen kein Auslaufen der Sozialbindung geben darf bzw. diese verlängert werden muss, dass keine Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen und dass es einen Mietendeckel auf Bundesebene braucht.
Auch eine Milieuschutzsatzung, die der Gentrifizierung bestimmter Gebiete vorbeugen kann, indem mietentreibende Maßnahmen wie Umbauten und Sanierungen genehmigungspflichtig werden, kann helfen, den Bestand an bezahlbarem Wohnraum zu sichern.
Wir wollen, dass die Kommune wieder selbst eine zentrale wohnungspolitische Akteurin wird.
Auf den wenigen noch verbleibenden städtischen Baugebieten sollen bezahlbare Mietwohnungen gebaut werden. Bezahlbarer Wohnraum darf nicht durch endende Sozialbindungen wieder verloren gehen. Bei in Erbbau vergebenen Grundstücken kann die Stadt festlegen, dass die Mietpreisbindung nicht ausläuft. Diese Kriterien gelten auch für eine mögliche Bebauung des Saiben.
Für städtische Auszubildende und Beschäftigte wie Erzieher:innen sollte die Stadt selbst Wohnraum schaffen.
Wir setzen uns dafür ein, dass die mehrheitlich städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG und die Kreisbau wieder gemeinnützig werden, damit sie sich auf den Bau von bezahlbaren Mietwohnungen konzentrieren können.
Erbpacht ist die Nutzung eines Grundstücks gegen Zahlung eines monatlichen oder jährlichen Zinses, über einen festgeschriebenen Zeitraum, der häufig zwischen 50 und 99 Jahren liegt. Der Pachtzins liegt meist bei 3-5 % des Grundstückswertes und ist daher erschwinglicher als ein Kauf. Die Dauer der Erbpacht kann nach Absprache verlängert werden. Bei Ablauf wird der Wert der auf dem Grundstück errichteten Immobilie ermittelt, die Pachtnehmer:innen für die Kosten entschädigt. Das Grundstück verbleibt die ganze Zeit in öffentlichem Eigentum, es kann nicht weiterverkauft werden und ist dem Markt und der Spekulation entzogen.
Besetzungen von leerstehendem Wohnraum in Tübingen waren häufig auch ein wichtiger zivilgesellschaftlicher Beitrag zur Schaffung gemeinwohlorientierten Wohnraums und einer sozialen Stadtentwicklung: Münzgasse 13, Schellingstraße 6, Ludwigstraße 15 u. a.
Was wir erreicht haben:
- Feste Quoten für sozial- und preisgebundene Mietwohnungen in neuen Baugebieten („Fairer Wohnen“).
- Grundstücke werden wieder in Erbpacht vergeben, anstatt verkauft zu werden.
- Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen durch Umwandlung in Ferienwohnungen.
- Eine Milieuschutzsatzung für die Südstadt wird geprüft.
Unsere Forderungen:
- Da freie Flächen nur noch begrenzt zur Verfügung stehen, soll die Stadt aktive Bodenbevorratungspolitik betreiben und Flächen zum Wohnungsbau nur noch in Erbpacht vergeben.
- Die Stadt muss wieder zur zentralen wohnungspolitischen Akteurin werden, d.h. kommunale und bezahlbare Mietwohnungen bauen und verwalten.
- In Neubaugebieten werden nur noch bezahlbare Mietwohnungen erstellt, die durch Erbpacht nicht aus der Mietpreisbindung fallen.
- Vergabe von städtischen Grundstücken in Erbpacht an gemeinwohlorientierte Akteur:innen wie GWG, Kreisbau, gemeinwohlorientierte Genossenschaften, selbstverwaltete Wohnprojekte wie z. B. im Mietshäuser Syndikat und gemeinwohlorientierte Unternehmen wie die Nestbau AG.
- GWG und Kreisbau stärken.
- Ein echter Mietendeckel statt ein Miet (erhöhungs)spiegel, der sich nur an den Neuvermietungen orientiert.
- Absicherung und Anwendung von Vorkaufsrechten der Stadt in Milieuschutzsatzungen, z. B. für die Südstadt.
- Längerfristiger Leerstand muss effektiv bekämpft werden. Dafür ist eine Gesetzesänderung nötig, für die sich die Stadt auf Landesebene aktiv einsetzen muss.
- Spekulativer Weiterverkauf von Wohnungen, die im Rahmen von Baugruppen erstellt wurden, muss durch vertragliche Festlegungen verhindert werden.
- Wir fordern die Einrichtung von Mieter:innenbeiräten bei den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften.
- Spekulation mit Immobilien und Grundstücken durch so genannte „Share Deals“, mit denen (Immobilien-)Konzerne die Grunderwerbssteuer umgehen können, wollen wir abschaffen.
3. Öffentliche Infrastruktur▲
Öffentliche Daseinsvorsorge stärken
Kommunalpolitik betrifft alle und findet direkt vor unserer Haustür statt. Denn Landkreise und Gemeinden sind zuständig für zentrale öffentliche Einrichtungen und die Versorgung der Menschen mit allen lebenswichtigen Leistungen. Dazu gehören Gesundheit und Pflege, öffentlicher Verkehr, Energie- und Wasserversorgung, Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, Kultur- und Sportangebote, Schwimmbäder, Wohnungswirtschaft, Telekommunikation und Abfallwirtschaft. Die Versorgungssicherheit in diesen Bereichen muss Vorrang haben gegenüber Wirtschaftlichkeitsüberlegungen oder gar Gewinnerwartungen. Wir wollen diese Bereiche weitgehend freihalten von Marktlogik und Profitinteresse. Der Gewinnorientierung stellen wir in unserer Kommunalpolitik die Gemeinwohlorientierung entgegen.
Müllabfuhr gehört in öffentliche Hand
Gemeinsam mit den DGB-Gewerkschaften haben wir in Tübingen erstmals 2010 und erneut 2023 erfolgreich dafür gesorgt, dass die städtische Müllabfuhr in öffentlicher Hand bleibt und nicht privatisiert wurde. Die Rathausspitze wollte die öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit dem Landkreis kündigen. Das Vorhaben konnte im Gemeinderat mit breiter Unterstützung aus der Bevölkerung verhindert werden. Damit wurde gesichert, dass die Müll-Beschäftigten ihre schwere Arbeit zukünftig nicht unter schlechteren Arbeitsbedingungen und mit niedrigeren Löhnen verrichten müssen, sondern im kommunalen Tarifvertrag TVöD verbleiben. Die Müllentsorgung wird weder qualitativ besser noch auf Dauer billiger, wenn sie von Privaten betrieben wird. Das ist die Erfahrung in anderen Städten. Auch auf Landkreisebene treten wir Linken dafür ein, dass der Zweckverband Abfallverwertung (ZAV) die Müllentsorgung nicht mehr über private Anbieter:innen abwickelt.
Gesundheit und Pflege ohne Profite
Statt aus der Corona-Pandemie zu lernen, agiert die grün-schwarze Landesregierung weiter als Vorreiterin bei der Schließung von Krankenhäusern im Land und bei der Privatisierung öffentlicher Gesundheitsleistungen. In Tübingen bieten die Universitätskliniken eine gute und vielfältige Versorgung. Die Kreiskrankenhausfunktion des UKT muss voll erhalten bleiben. Die Ausgründung von Teilleistungen in private Servicebetriebe und die Rosinenpickerei bei profitablen Bereichen der medizinischen Versorgung lehnen wir ab.
Gesundheit und Pflege sind keine Ware.
Tausende Menschen arbeiten in Tübingen in diesen Bereichen. Sie haben Anspruch auf Anerkennung. Aber Anerkennung und Respekt reichen nicht. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssen die Pflegeberufe und ambulanten Dienste aufgewertet und besser bezahlt werden. Die Corona-Zeit hat den Beschäftigten viel abverlangt. Testungen haben in Tübingen schneller und besser funktioniert als an vielen anderen Orten. Das erfolgreiche Zusammenwirken von Landratsamt, Gesundheitsamt, Stadtverwaltung, Kliniken, Rotem Kreuz und Ehrenamtlichen machte überregional Schlagzeilen. Dennoch wurden Schwächen im System sichtbar. Die präventive Gesundheitsvorsorge und Beratung muss gestärkt werden, ebenso die medizinischen Versorgungszentren im Landkreis. Im ländlichen Raum braucht es mehr Angebote vor Ort durch integrierte Einrichtungen mit Ärzt:innen, Hebammen und Pflegeservice.
Altenpflege neu aufstellen
Die Altenhilfe Tübingen (AHT) und andere Pflegeeinrichtungen leisten einen wichtigen Beitrag im Bereich der Altenpflege. Doch es gibt zu wenige Plätze und dezentrale Angebote in kommunaler Trägerschaft. Die Eigenbeteiligungen sind inzwischen so hoch, dass sie von den meisten Rentner:innen nicht mehr selbst aufgebracht werden können. Das Land verweigert eine Mitfinanzierung der Bau- und Investitionskosten. Deshalb unterstützen wir Linke die Forderung des VdK, dass die Länder notwendige Investitionskosten tragen und eine Pflege-Vollversicherung alle pflegerischen Kosten übernimmt. Ein Pflegeplatz darf nicht arm machen! Über eine Bürgerversicherung sollen alle entsprechend ihrem Einkommen einzahlen. Die quartiersbezogene und wohnortnahe mobile Pflege für alte und kranke Menschen sowie für Menschen mit Behinderung muss ausgebaut werden. Wir fordern mehr stationäre Plätze und Tagespflegeplätze und unterstützen die Förderung von Pflegeangeboten und Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft.
Soziale Infrastruktur ausbauen
Der Zugang zu berechtigten Ansprüchen aus der Sozialgesetzgebung und dem Recht auf Bildung und Teilhabe muss in den Sozialämtern und Jobcentern erleichtert werden. Die Leistungen der KreisBonusCard wollen wir aufstocken auf ein Kreissozialticket. Der kostenfreie Zugang zum ÖPNV, zu Sportvereinen, Schulausflügen, Kulturveranstaltungen und Freizeitangeboten muss einfacher werden für Familien mit Niedrigeinkommen.
Wir wollen eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur für die Bedürfnisse der Bewohner:innen. In Wohnortnähe brauchen wir Kitas, Stadtteil-, Familien- und Gesundheitszentren, Pflegestützpunkte, Jugendtreffs etc. In Pflege und Gesundheit zeigt sich, dass private, profitorientierte Betreiber:innen die Versorgung nicht sicherstellen können. Wir wollen Pflege, Bildung und Gesundheit in der Hand sozialer und öffentlicher Träger, die demokratisch gemäß den Bedürfnissen der Nutzer:innen organisiert sind.
Für die Entwicklung der Sozialen Stadt WHO schlagen wir vor, ein Pilotprojekt für ein kommunales Sorgezentrum mit sozialer Beratung, günstigem Essen, Kitas, Pflege- und Gesundheitsangeboten aufzubauen.
Inklusion: Barrieren abbauen, Zugänge schaffen
Beim barrierefreien Ausbau der Mobilitätsstrukturen und beim inklusiven Zugang zu Behörden, Bildungseinrichtungen und Freizeitangeboten ist einiges erreicht worden. Dennoch bleibt viel zu tun, um die Kriterien der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Die neue Radbrücke West wird für Rollstuhlfahrende gesperrt sein und viele Gehwege sind nicht behindertengerecht.
Assistenzleistungen sind oft zu knapp bemessen. Die Kommunen müssen eine Vorbildfunktion erfüllen und dabei helfen, dass mehr Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt wenig Chancen haben, als kommunale Beschäftigte oder bei größeren Betrieben vor Ort zum Zug kommen. Wir unterstützen ausdrücklich die wertvolle Arbeit der Tübinger Lebenshilfe e. V. und der Behindertenverbände.
Digitalisierung: Zum Wohle der Menschen
Digitalisierung kann Prozesse vereinfachen und schneller machen, kann den Zugang zu Informationen erleichtern. Das ist gut so!
Digitalisierung greift aber auch in immer weitere Bereiche des täglichen Lebens ein. Einige Dienste und Angebote werden nur digital angeboten, es gibt keine analoge Alternative mehr. Menschen ohne Smartphone oder PC werden aus dem öffentlichen Leben ausgegrenzt. Oft wird verlangt, eine App zu benutzen, die an Bedingungen geknüpft ist (Smartphone, Betriebssystem, Tracker, Datenzugriff). Manche Dienste sind nur nutzbar, wenn ein Konto angelegt wird und persönliche Daten hinterlegt werden.
Die Software öffentlicher Verwaltungen muss daher auf Tracking verzichten.
Den Zwang, Informationen preiszugeben, lehnen wir ab. Ganz besonders für Leistungen im Bereich des Staates und der Grundversorgung muss es immer auch eine analoge Alternative geben. Dies gilt selbstverständlich auch für die Stadt Tübingen. Bei Befragungen zum Beispiel muss immer auch die Möglichkeit angeboten werden, seine Stimme analog abzugeben.
Die Verarbeitung von Daten muss transparent bleiben.
In öffentlichen Verwaltungen sollte, wann immer möglich, Open-Source-Software eingesetzt werden. Damit kann auch viel Geld eingespart werden.
Wenn mit öffentlichem Geld Software entwickelt wird, so muss diese, anders als es bei der Bürger-App der Fall war, unter einer Open-Source-Lizenz veröffentlicht werden.
Für die zukünftige Nutzung des Baufelds auf dem Europaplatz, das durch die Umgestaltung des Omnibusbahnhofs entstanden ist, führt die Stadtverwaltung eine Bürgerbeteiligung durch. Nach bisherigen Auswertungen der Vorschläge wird in einer großen Zahl der Eingaben gewünscht, dass die Fläche im Sinne de Stadtklimas begrünt wird. Auch wir finden eine Form der Begrünung richtig. Ohne dem offenen Verfahren vorgreifen zu wollen, sind wir aber in jedem Fall dafür, dass dieses wichtige, zentral gelegene Gelände im Eigentum der Stadt bleibt und sie so die Entscheidungsmöglichkeit für die Zukunft in der Hand behält.
4. Kommunale Finanzen – Besteuert die Reichen▲
„Die Kommunen müssen sparen.“ Das war die Ansage bei den letzten Haushaltsberatungen im Gemeinderat und im Kreistag. Für militärische Aufrüstung gibt es per Schnellbeschluss in Berlin zusätzlich 100 Milliarden Euro und es sollen sogar noch mehr werden. In allen anderen Bereichen werden Spardiktate erlassen. Dabei ist Sparen in der Krise Gift für die Kommunen. Denn der riesige Investitionsstau bei Bildung, Sozialwohnungen, Klimaschutz, Verkehrs- und Energiewende kann mit einem Sparkurs nicht bewältigt werden. Die Schuldenbremse wird so zur Investitionsbremse für wichtige Zukunftsaufgaben. Eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen ist verfassungsrechtlich eigentlich garantiert. Denn über die Haushalte der Städte, Gemeinden und Landkreise laufen die meisten öffentlichen Aufgaben; ein Großteil davon sind gesetzliche Pflichtaufgaben. Aber statt genügend Finanzmittel aus staatlichen Steuereinnahmen bereitzustellen, werden viele Kommunen von der Bundes- und der Landesregierung in einen unsinnigen Standortwettbewerb um Gewerbeansiedlungen und niedrige Gewerbesteuern getrieben – ohne Rücksicht auf negative Folgen. Wir Linke wollen UmSteuern. Die Kommunen brauchen einen höheren Anteil am Steueraufkommen. Die Gewerbesteuer wollen wir ersetzen durch eine Gemeindewirtschaftssteuer, die als originäre Kommunalsteuer auch gutverdienende Freiberufler und Selbstständige einbezieht.
Die Grundsteuer belastet einseitig die Mieter:innen, weil sie von den Vermieter:innen per Nebenkostenabrechnung weitergegeben wird. Deshalb haben wir uns immer für die Senkung der Grundsteuer eingesetzt.
Wir fordern bundesweit die Abschaffung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter:innen und die Befreiung von Wohnungsgenossenschaften und anderen gemeinwohlorientierten
Wohnungsunternehmen von der Grundsteuer.
Auf Antrag unserer Gemeinderatsfraktion hat der Gemeinderat 2021 eine Resolution an die Bundesregierung beschlossen, die Grundsteuer aus der Betriebskosten-Verordnung zu streichen, so dass sie nicht mehr auf die Mieter:innen umgelegt werden kann.
Der gesellschaftliche Reichtum muss gerechter verteilt werden. Während Millionen Menschen unter den Auswirkungen von Krise und Inflation leiden, häufen Superreiche und Großkonzerne Extraprofite und gigantische Vermögen an. Deshalb streiten wir bundesweit für die Wiedereinführung der Vermögensteuer und die Abschöpfung von Krisengewinnen. Extragewinne müssen abgeschöpft werden, um für die Haushalte einen Inflationsausgleich zu schaffen. Die breite Bevölkerung muss steuerlich entlastet und von zusätzlichen Gebühren befreit werden.
Sozial wirtschaften in der Kommune
Wirtschaftliches Handeln muss dem Wohl der Menschen dienen. Das ist unser Grundsatz.
Dazu müssen Stadt und Landkreis Tübingen als öffentliche Arbeit- und Auftraggeber mit gutem Beispiel vorangehen!
Stadt und Landkreis Tübingen tragen Mitverantwortung dafür, Arbeitsplätze zu schaffen, zu sichern und für mehr Tarifbindung zu sorgen. Sie müssen einen Beitrag dazu leisten, prekäre Beschäftigung und Niedriglöhne zurückzudrängen. Leiharbeit, befristete und nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lehnen wir ab. Denn Niedriglöhne tragen mit dazu bei, dass immer mehr Menschen an der Armutsgrenze leben und auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind.
Die Stadt muss regelmäßig prüfen, ob soziale und ökologische Kriterien eingehalten werden – auch bei den eigenen Betrieben und Beteiligungsgesellschaften. Wenn die Stadt und der Landkreis Aufträge vergeben, müssen die Beschäftigten nach Tarifvertrag bezahlt werden. Im Gemeinderat fordern wir, dass die Reinigungsdienste wieder voll rekommunalisiert und nach TVöD bezahlt werden.
Die Kommune – als demokratisch bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Akteurin, die nach Tarif zahlt und mitbestimmt ist – soll selbst stärker wirtschaftlich tätig werden.
Die örtliche Industrie muss nachhaltig und umweltverträglich produzieren. Neue Flächen für Erweiterungen und Neuansiedlungen dürfen nur nach strengen Kriterien vergeben werden.
Es können nicht unendlich viele Arbeitsplätze in Tübingen entstehen. Die verfügbaren Flächen und die vorhandenen Wohnungen sind begrenzende Parameter.
Ein Kriterium ist für uns dabei auch die Gemeinwohlorientierung der Unternehmen.
Unternehmen, die in Tübingen Grundstücke erwerben möchten, müssen sich dazu verpflichten, dass ihre Produkte ausschließlich friedlichen Zwecken dienen.
Generell wollen wir neue Gewerbeflächen in Tübingen nur ausweisen, wenn bereits in Tübingen wirtschaftende Unternehmen aus dem Handwerk oder der Industrie ihre Flächen erweitern müssen. Wenn Betriebe sich in Tübingen neu ansiedeln möchten, muss darauf geachtet werden, dass regionale Wertschöpfungsketten und ein von der Binnennachfrage bestimmtes Wachstum treibende Elemente der Unternehmen sind. Eine Konkurrenz der Kommunen in der Region um Gewerbeansiedlungen lehnen wir ab, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Stadt Tübingen bei den mit der Ansiedlung verbundenen Fragen von Wohnraumschaffung und Kinderbetreuung indirekt auf die Unterstützung durch die Nachbarkommunen angewiesen ist.
5. Klimaneutral bis 2030▲
Die Universitätsstadt Tübingen hat sich verpflichtet, bis 2030 klimaneutral zu sein. Um dies zu erreichen, muss die Stadt schnell die notwendigen Maßnahmen ergreifen, dabei aber stets darauf achten, dass diese sozial verträglich sind. Das Klimaschutzprogramm der Stadt ist hierbei ein wichtiger Leitfaden, darf aber nicht als einzige Lösung gelten:
Die Tübinger Berechnung der städtischen Treibhausgasemissionen beschränkt sich auf die drei Sektoren Mobilität, Wärme und Strom. Die durch unseren Konsum entstehenden Emissionen auf allen Erdteilen fließen nicht in die Tübinger Klimaneutralitätsberechnungen ein. Hinzu kommt, dass nur die im Stadtgebiet entstehenden Emissionen berechnet werden, zum Teil aber Klimaschutzleistungen der Stadtwerke von außerhalb des Stadtgebiets eingerechnet werden. Solche Berechnungen dienen daher zwar als Orientierung, aber dass die Bundesrepublik klimaneutral wirtschaften würde, sobald alle Kommunen das tun, wird dank solcher Rechenspiele nicht funktionieren.
Der Bund selbst sitzt beim Klimaschutz am längsten Hebel und muss unsere Energieversorgung umstellen.
Wir müssen global, aber auch regional und auf lokaler Ebene, unsere Art zu wirtschaften ändern, wenn wir den globalen Temperaturanstieg auf unter zwei Grad reduzieren wollen. Tübingen hat hier eine Vorbildfunktion und muss sein Klimaschutzprogramm schnell umsetzen und fortwährend kritisch überprüfen.
In verschiedenen Handlungsfeldern ist hier einiges zu tun.
- Wärmeenergieerzeugung aus erneuerbaren Energien
- Energiesparpotenziale ausschöpfen.
- Beschleunigter Ausbau des Tübinger Fernwärmenetzes.
- Schnelle Umstellung des Fernwärmenetzes auf erneuerbare Energien, unter anderem: Holzheizkraftwerke bauen;
- Stadtwerke müssen Wasserstoffinfrastruktur aufbauen, um Blockheizkraftwerke klimaneutral zu betreiben.
Klimaneutrales Bauen
- Öffentliche und private Neubauten in Tübingen möglichst aus Holz.
- Sanierung vor Neubau – Abriss vermeiden.
- Die Klimabilanz bei energetischen Sanierungen berechnen und Sinnhaftigkeit abwägen.
- Bei städtischen Neubauten und auch in der städtischen Wasserversorgung die Grauwassernutzung in den Vordergrund rücken.
Stromverbrauch reduzieren, Stromerzeugung auf erneuerbare Energie umstellen
- Den Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Stadtwerke vorantreiben.
- Windkraftanlagen auf dem Großholz bei Kusterdingen und im Rammert bei Weilheim bauen.
- Photovoltaikanlagen (PV) auf möglichst viele Dächer in der Stadt, angefangen bei den größten Dachflächen mit dem größten Potenzial.
- Die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED und „Licht nach Bedarf“ beschleunigen.
Die Versorgung der Stadt durch die Stadtwerke als lokalen Energieanbieter wollen wir durch genossenschaftliche Energieerzeugung ergänzen: So werden die Bürger:innen mitgenommen und die Profite bleiben vor Ort. Bei der Energieerzeugung durch private Anbieter:innen ist das nicht gewährleistet.
Das Klimaschutzgesetz des Landes schreibt vor, dass bei Neubauten und Dachsanierungen eine PV-Anlage gebaut werden muss. Dadurch ist das Tempo beim PV-Ausbau spürbar gestiegen, die Stadt muss es jedoch mit Fördermöglichkeiten und weitreichenden Verpflichtungen schaffen, das Tempo beim PV-Ausbau noch schneller zu machen. Der größte Eigentümer von Dachflächen in Tübingen ist das Land. Das zuständige Amt für Vermögen und Bau hat bisher nur vereinzelt PV-Anlagen installieren lassen. Die Stadt muss in Gesprächen mit dem Land dafür sorgen, dass diese großen, bisher ungenutzten Stromerzeugungspotenziale auf den Dächern der Universität und des Klinikums genutzt werden.
Wir brauchen außerdem ein Konzept zur Klimafolgenanpassung:
- Innerstädtische Grünflächen und Gewässer erhalten und ausbauen, um die Hitzebelastung im Sommer zu reduzieren.
- Öffentliche Trinkbrunnen in der Stadt.
- Fassaden und Dächer begrünen.
- An aktuell besonders heißen Orten durch Bäume oder „Dächle“ mehr Schatten schaffen.
Auch die Reduktion des Flächenverbrauchs ist uns ein großes Anliegen. Das spielt auch für den Klimaschutz eine Rolle, auf versiegelten Flächen wird kein CO2 gebunden.
Vor allem aber verlieren so wichtige Arten ihre Lebensräume, und die Landwirtschaft verliert die Flächen, die sie braucht, um die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Lebensmitteln sicherzustellen. Wir fordern eine Gesamtaufstellung aller bereits versiegelten Flächen und aller geplant neu zu versiegelnden neuen Flächen. Damit wollen wir verhindern, dass ein Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Interessensgruppen Gewerbe,
Landwirtschaft, sozialer Wohnungsbau, Eisenbahnbau, Naturschutz entsteht. Auf dieser Grundlage halten wir einen Interessenskonsens zwischen diesen Bereichen für möglich. Dass Kooperation möglich ist, zeigt der Volksantrag „Ländle Leben lassen“, den wir unterstützen.
- Böden gehören als knappes Gut unter öffentliche, sprich: kommunale, Kontrolle und sollten nur in Erbpacht vergeben werden.
- Regionales Wirtschaften in Zusammenarbeit mit den Landwirten der Region fördern.
- Solarthermie- und PV-Anlagen bevorzugt auf bereits versiegelten Flächen wie Dächern errichten.
- Neben der konventionellen Landwirtschaft auch die Solidarische Landwirtschaft (SoLaWis) als gemeinwohlorientierte Form der regionalen Nahrungsmittelproduktion fördern.
- Mehr Gemeinschaftsgärten in der Stadt.
- Parkplätze entsiegeln.
- Kein Ausbau der Straßenfläche, wo möglich, einzelne Spuren zurückbauen.
- Öffentliche Grünflächen insektenfreundlich gestalten.
Die Verpachtung öffentlicher Böden soll nach Gemeinwohlkriterien erfolgen, so dass ökologischer Landbau, Artenvielfalt, Tierwohl und gute Arbeit in der Land- und Forstwirtschaft besonders berücksichtigt werden.
6. Mobilität für alle▲
Es darf nicht vom Geldbeutel, vom Alter oder vom Wohnort in der Stadt oder auf dem Land abhängen, ob man gut und günstig unterwegs ist. Mobilität ist ein Menschenrecht wie Wasser oder Wohnung. Niemand soll überlegen müssen, ob er sich eine Fahrt in der Region leisten kann. Wir brauchen ein effektives Verkehrssystem, das es ermöglicht, alle Wege sicher, schnell und einfach zurückzulegen – unabhängig davon, ob zu Fuß, mit dem Rad, mit Bus oder Bahn. Ein Verkehrssystem, das es möglich macht und Anreize dafür bietet, auf das Auto zu verzichten. Dazu müssen wir den öffentlichen Nahverkehr weiter massiv ausbauen. Er muss allen zur Verfügung stehen. Die ständigen Preiserhöhungen des Verkehrsverbunds Naldo stehen der auch wegen des Klimawandels nötigen Verkehrswende entgegen. Deshalb unsere Forderung:
Nulltarif im Nahverkehr
Das Deutschlandticket kostet in Tübingen aktuell 34 Euro. Auf Initiative der Linken im Tübinger Gemeinderat erhalten es Menschen mit KreisBonusCard für 15 Euro. Dies fordern wir für den gesamten Landkreis.
Solange für Bus und Bahn kein Nulltarif gilt, sollte das Deutschlandticket noch günstiger werden. Wir unterstützen die Forderungen des Bündnisses „Tübingen fährt voraus“. Wir setzen uns dafür ein, dass das Deutschlandticket für alle 15 Euro kostet. Schüler:innen, Studierende, Azubis, Rentner:innen und die Inhaber:innen der KreisBonusCard muss der ÖPNV im ganzen Kreisgebiet ab sofort kostenlos werden. Gleichzeitig müssen die Arbeitsbedingungen für die Busfahrer:innen besser werden – Entlastung bringen würden höhere Löhne, bezahlte Pausen und generell mehr Personal.
ÖPNV massiv ausbauen
Wer es ernst damit meint, den Schadstoffausstoß durch den Individualverkehr zu reduzieren, muss jetzt handeln. Der öffentliche Nahverkehr muss günstiger, gleichzeitig aber attraktiver und zuverlässiger werden. Es darf nicht mehr sein, dass Tübingen über Wochen und Monate vom Schienennetz der Bahn nahezu abgehängt ist. Auch brauchen wir mehr Busverbindungen, engere Taktung und neue Buslinien etwa zu den Tübinger Kliniken.
Auch Buslinien, die Stadtviertel direkt miteinander verbinden, ohne durchs Zentrum zu fahren, könnten das Netz ergänzen.
Wir sehen die Regionalstadtbahn auch weiterhin als wichtigen Schritt zur Verbesserung der Verkehrssituation und befürworten uneingeschränkt den Ausbau der Strecken im Ammer- und Steinlachtal sowie nach Bad Urach und Rottenburg. Neben der Elektrifizierung fordern wir den möglichst durchgängigen zweigleisigen Ausbau, um Probleme wie aktuell bei der Ammertalbahn zu umgehen.
Wir fordern einen landesweiten Verkehrsverbund mit einheitlichen Tarifen. Solange es den noch nicht gibt, muss die Naldo-Struktur besser und transparenter werden. Der gesamte Landkreis sollte innerhalb einer Wabe liegen, und der Übergang zu den Tarifen angrenzender Verbünde, besonders des Verkehrsverbunds Stuttgart VVS, sollte vereinfacht werden. Tarifgrenzen des naldo, z. B. in Herrenberg, bedeuten Tarifwirrwarr und Fahrpläne, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Das darf nicht so bleiben!
Regionalstadtbahn vorantreiben
Die Regionalstadtbahn Neckar-Alb ist das wichtigste öffentliche Verkehrsprojekt in der Region. Bereits jetzt, beim Ausbau und der Inbetriebnahme der elektrifizierten Ammertalbahn, kommt es zu ständigen Ausfällen, die vom Land und der Deutschen Bahn zu verantworten sind. Der Grund: Es fehlt ausgebildetes Fachpersonal und modernes Wagenmaterial. Mit Blick auf den Verlauf der Tübinger Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn ist für uns klar, dass die Trasse durch die Mühlstraße durch den Bürgerentscheid vom Tisch ist. Das Ergebnis des Bürgerentscheids darf nicht in Frage gestellt werden, auch nicht, wenn die Dreijahresfrist vorüber ist. Unsere Forderung nach der Prüfung einer alternativen Streckenführung wurde vor dem Bürgerentscheid von den anderen Fraktionen abgelehnt; mittlerweile aber prüft der Regionalverband solche Alternativen.
Wir wollen, dass z.B. eine Streckenführung entlang des Hagellocher Wegs in Richtung Kliniken und WHO ernsthaft erwogen wird. Auch der Einsatz anderer moderner Verkehrsmittel in der Stadt darf kein Tabu sein.
Vorrang für Fuß und Rad
Am umweltfreundlichsten ist es, seine Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen. Wir sind für einen weiteren zügigen Ausbau des Radwegenetzes. Für den Fahrradverkehr fordern wir außerdem einen zuverlässigen Winterdienst für außerörtliche Fahrradwege wie z. B. zwischen Unterjesingen und der Innenstadt oder zwischen Hirschau und Rottenburg.
Neben den Radwegen müssen auch die Gehwege besser und sicherer werden. Wir fordern ein Konzept für den Fußverkehr in Tübingen. Gerade ältere Verkehrsteilnehmer:innen fühlen sich oft unsicher, wenn Gehwege auch von Radfahrer:innen genutzt werden. Da der Radverkehr zugenommen hat und schneller geworden ist, bieten gemeinsam genutzte Verkehrswege gerade an neuralgischen Punkten wie in der Tübinger Karlstraße oder auf beiden Seiten der Steinlachunterführung nicht mehr genug Sicherheit. Hier, aber auch beispielsweise in der Mühlstraße, müssen Rad- und Fußverkehr entflochten werden – auch deswegen ist ein Konzept notwendig.
Kreuzungen und Ampeln müssen fuß- und radfreundlich gestaltet werden, etwa was die Möglichkeiten zum Abbiegen und die Ampelphasen angeht. Sie sollen nicht nur Busse priorisieren. Auch werden Bäume oder Beschattungen gebraucht, damit Fußgänger:innen an Kreuzungen mit langen Wartezeiten und an Haltestellen nicht ungeschützt der prallen Sonne ausgesetzt sind. Fußwege werden auf beiden Seiten von Straßen gebraucht und sollen möglichst direkt und ohne Umwege zum Ziel führen. Ebenso wie Unterführungen und Brücken müssen sie barrierefrei und auch mit dem Rollstuhl, dem Kinderwagen oder dem Rollator benutzbar sein. Auch dürfen sie nicht von parkenden Autos und achtlos abgestellten Gegenständen wie E-Scootern versperrt werden. Der Sicherheit wegen müssen Fußwege nachts gut beleuchtet sein – am besten mit intelligenten Beleuchtungs-Systemen, zum Beispiel „Licht nach Bedarf“. Das Ziel, Energie zu sparen, darf dabei nicht auf Kosten der Sicherheit durchgesetzt werden. Auch müssen Gehwege regelmäßig auf Stolperfallen wie loses Pflaster, Schlaglöcher und wackelige Gullideckel überprüft werden.
Bei allen Verkehrsplanungen müssen die Bedürfnisse von älteren Menschen, von Sehbehinderten und Blinden, von Menschen mit körperlichen Behinderungen, aber auch die von Kindern, die vielleicht gerade erst lernen, den Roller oder das Rad zu nutzen. Schulwege müssen sicher und gut allein oder in der Gruppe mit den Nachbarskindern bewältigbar sein. Oft helfen schon kleine Dinge wie ein abgesenkter Bordstein oder eine Ampelschaltung, die verbessert werden müsste.
Straßenbau nur zur Entlastung
Der Klimaschutz verbietet Projekte, die zusätzlichen motorisierten Verkehr auslösen. Für den Straßenbau vorgesehene Mittel müssen in den Ausbau der Bahn fließen. Der Schindhaubasistunnel dient zur Entlastung der Anwohner:innen an der B 27. Ob er noch nötig ist, soll eine neue Bedarfserhebung klären.
Die Anwohner:innen an der B 27 brauchen jetzt Entlastung von Lärm und Luftverschmutzung, deshalb haben wir uns im Gemeinderat für eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 40 und zusätzliche Überwege eingesetzt.
Trotz flächendeckendem Tempo 30 leidet Unterjesingen unter starkem Durchgangsverkehr. Wir setzen uns für die weitere Entlastung der Anwohner:innen ein, auch durch bauliche Umgestaltung der Ortsdurchfahrt. Wir fordern für Unterjesingen und Ammerbuch die zügige Umsetzung der bereits im Herbst 2022 angekündigten Fahrplanverbesserungen im Rahmen von Modul 1 der Regionalstadtbahn. Die aktuelle Information der Fahrgäste über Verspätungen und Zugausfälle ist am Bahnsteig (in Echtzeit!) und in allen gängigen elektronischen Informationsmedien zu gewährleisten.
Den Ausbau der B 27 im Steinlachtal lehnen wir in der geplanten Form ab.
Weitere Forderungen:
- Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
- Besser aufeinander abgestimmte Verkehrsangebote.
- Engere Taktung von Bus und Bahn.
- Mehr Verbindungen frühmorgens, abends und am Wochenende.
- Günstigerer Tarif fürs Nacht-SAM.
- Mehr Angebote zur Fahrradmitnahme in Bus und Bahn.
- Barrierefreiheit im ÖPNV, in Fußgängerzonen und auf Fußwegen.
- Mehr Sicherheit und Verkehrsberuhigung durch intelligente Leitsysteme.
- Einsatz von alternativen Busantrieben wie Gas, Wasserstoff und Elektro zur Reduzierung der Umweltbelastung.
- Soziale Staffelung der Gebühren beim Anwohner:innenparken.
- Wir sind für die Städtetagsinitiative zur Einführung von Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit.
7. Gute Bildung – sozial und gebührenfrei▲
Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung, unabhängig von Herkunft oder sozialen Verhältnissen der Eltern. Das ist ein Grundrecht und muss als Einheit von der vorschulischen Kinderbetreuung bis zum Abschluss der Berufsausbildung betrachtet werden. Bildung muss daher gebührenfrei sein. Dazu gehören auch der Schulweg, ein kostenloses Mittagessen und Ganztagesbetreuung. Nur so lassen sich soziale Barrieren abbauen. Nur so können Eltern Erziehung und Beruf erfolgreich vereinbaren.
Die Situation in den Kitas ist sehr angespannt. Die Reduzierungen bei den Öffnungszeiten müssen so bald wie möglich wieder zurückgenommen werden. Diese Kürzungen verhindern bei den Eltern zunehmend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Statt endlich eine landesweite Ausbildungsoffensive zu starten, hat sich die grün-schwarze Landesregierung vom Bildungsauftrag verabschiedet. Der sogenannte Erprobungsparagraph ist bildungspolitisch ein Rückschritt, weil zunehmend fachfremdes Personal die Lücken füllen muss. Das entlastet die Erzieher:innen nur wenig und vermindert die Qualität der frühkindlichen Erziehung.
Im kommunalpolitischen Bereich heißt dies:
- Kitastrophe beenden: die Kommunalen Spitzenverbände müssen sich für eine landesweite Ausbildungsoffensive bei den Erziehungsberufen einsetzen
- Gebührenfreie Kitas und ein Recht auf vorschulische Erziehung.
- Weiterer Ausbau der Schulsozialarbeit, auch an Berufsschulen.
- Sprachförderprogramme durch qualifizierte Fachkräfte für alle Kinder, die hierfür Bedarf haben.
- Ausreichende Ausstattung der Schulen mit Lehr- und Lernmitteln. Echte Lernmittelfreiheit: Regelmäßige Anpassung der Mittel für die Lernmittelfreiheit an den Bedarf.
- Lehrkräfte entlasten, indem mehr Personal für die Wartung von Bildungsmitteln (z. B. Medienausstattung) durch die Kommune eingestellt wird.
- Gebührenfreie Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene im musischen, sportlichen und künstlerischen Bereich in Zusammenarbeit mit Tübinger Vereinen und der Musikschule, z. B. freier Eintritt in Schwimmbäder für Kinder und Jugendliche.
- Kostenlose Fahrt für Kita-Gruppen und Schulklassen im Stadtbus.
- Kostenfreies und gesundes Mittagessen für Kita- und Schulkinder. Schulen, die ein freiwilliges Frühstücksangebot für ihre Schüler:innen organisieren, erhalten von der Stadt einen pauschalisierten Zuschuss zur Deckung der Sachkosten.
- In der Schulausbildung sollen digitale Medien nur dort eingesetzt werden, wo sie sinnvoll und handlungsorientiert sowie von geeigneten pädagogischen Konzepten begleitet sind.
- Die Kosten für die Schuldigitalisierung muss das Land zahlen. Die Folgekosten, die notwendig werden, um den technischen Standard zu halten, dürfen nicht die kommunalen Haushalte belasten.
- Tübingen: Vorbereitungszeiten für Erzieher:innen müssen wieder auf den Stand von 2010 angehoben werden. Kita-Leitungen brauchen mehr Zeit für ihre besonderen Aufgaben.
- Kostenfreie Schüler:innenbeförderung ist Bestandteil des freien Zugangs zur Bildung und Lernmittelfreiheit.
Weiterbildung
Bildung endet nicht bei der Erstausbildung. Technischer Wandel und Digitalisierung erfordern ein lebenslanges Lernen. Wir setzen uns dafür ein, dass allen Menschen bis ins hohe Alter ein vielfältiges Lern- und Bildungsangebot zur Verfügung steht.
In der Weiterbildung leisten die Volkshochschulen einen enormen und unverzichtbaren Beitrag, der allen Gesellschaftsschichten zugutekommen soll. Leider sind die Gebühren vieler Kurse so hoch, dass nicht alle sich die Teilnahme leisten können. Und dies, obwohl die meisten Dozent:innen in diesem Bereich als freie Mitarbeiter:innen beschäftigt sind und nicht ihrer Qualifikation angemessen vergütet werden. Um dem abzuhelfen, wollen wir:
- Eine stärkere Förderung der Volkshochschulen durch Land, Stadt und Landkreis.
- Kursgebühren, die für alle bezahlbar sind.
- Sozialversicherungspflichtige Anstellungen der vhs-Dozent:innen, wo sinnvoll.
8. Sport – für Gemeinschaft und Gesundheit▲
Sport hat in Tübingen eine große Bedeutung: Viele betreiben aktiv für sich allein oder in Gruppen ihren Sport, viele sind als Mitglieder unterschiedlichster Sportvereine in der Stadt und in den Teilorten aktiv. Der Schulsport und die Sportangebote von Kitas versuchen schon früh Freude an sportlicher Aktivität zu vermitteln, Senior:innen- und Präventionssport haben spezielle Zielgruppen. Leistungssportler:innen suchen Tübingen als Wahlheimat,
Stadtlauf, Nikolauslauf und Triathlon sind Publikums- und Teilnehmermagnete, die Basketballer:innen erhalten viel Aufmerksamkeit.
Sport bringt unterschiedlichste Menschen zusammen, Sport hilft Menschen, eine Heimat zu finden, Sport fördert soziale Kompetenz, schützt die Gesundheit und hat großen Einfluß auf das persönliche Wohlbefinden. Sport ist integrativ und inklusiv.
Jedes Kind soll bis zum Ende der Grundschulzeit sicher schwimmen können. Für ältere Menschen ist es wichtig, ihre Beweglichkeit zu erhalten.
Ansprechende und attraktive Infrastruktur braucht es, damit viele Menschen bei uns zum aktiven Sport finden und diesem auf lange Zeit verbunden bleiben: Bolzplätze im Wohnumfeld, Gymnastik- und Sporthallen, frei nutzbare Sportgeräte im öffentlichen Raum, Tischtennisplatten, ausgewiesene Laufstrecken und Trimm-dich-Pfade, Fußballplätze, Trainingsplätze, Freibäder und Hallenbäder.
Die große Zahl verschiedener Sportvereine mit ihren vielen engagierten Ehrenamtlichen und mit ihren Angeboten für Breitensportler:innen und Leistungssportler:innen ist ein unverzichtbarer Teil der Tübinger Sport-Infrastruktur.
Sportvereine übernehmen damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.
Dabei soll sich auch die Vielfalt unserer Stadt in diesen Vereinen abbilden.
Damit all das so sein kann, müssen die Voraussetzungen geschaffen, erhalten und gepflegt werden:
- Die Mitgliedschaft in einem Verein darf am Geld nicht scheitern.
- Der Eintritt in die städtischen Bäder soll im Alter von 6 bis 18 Jahren kostenfrei sein.
- Schulsport und vor allem das Schulschwimmen dürfen nicht an äußeren Bedingungen scheitern. Sie brauchen ausreichend viele Hallen und Bäder in einem guten Zustand.
- Die Vereine in der Stadt und in den Teilorten brauchen handfeste finanzielle und praktische Unterstützung der Stadt, um ihr Angebot aufrechterhalten oder gar ausbauen zu können.
- Die Sportinfrastruktur am Freibad sollte ganzjährig zur Verfügung stehen.
- Das neue Hallenbad mit seiner 50-Meter-Bahn soll zügig realisiert werden.
- Das zentral gelegene historische Uhland-Bad muss erhalten bleiben.
- Die Kunstrasen, die vollkommen abgenutzt sind, müssen zügig und umweltverträglich saniert werden.
- Die Sport-Infrastruktur muss mit der Stadt wachsen.
9. Solidarität und Weltoffenheit statt Rassismus▲
In Tübingen leben, arbeiten, lernen und lehren Menschen aus allen Erdteilen. Es darf hier keinen Platz geben für Nationalismus und Rassismus, keinen Platz für Antiziganismus und Antisemitismus, keine Ausgrenzung aufgrund von Herkunft oder Religionszugehörigkeit. Wir tolerieren keine Diskriminierung auf Grund von vermeintlichen körperlichen Besonderheiten und ausgedachten Unterschieden und stellen uns denen entgegen, die versuchen, Menschen mit Migrationsgeschichte als Bedrohung darzustellen, die autoritäre Krisenlösungen propagieren und demokratische Grundrechte einschränken. Wir wollen, dass Stadt und Landkreis Tübingen weltoffen und international bleiben. Rassistisch zu verstehende, diskriminierende Äußerungen des Oberbürgermeisters haben wir mehrmals zurückgewiesen und werden das auch zukünftig tun.
Selbst Familien, die schon in der zweiten oder dritten Generation in Tübingen leben, haben oft Nachteile auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Wohnungssuche. Wer jedoch Menschen mit Niedrigeinkommen ausspielt gegen eingewanderte Menschen, der schürt Hass. Unsere Alternative heißt Solidarität. Wir unterstützen Vereine und Initiativen, die in den Bereichen Integration und Antirassismus kompetent und aktiv sind. Wir unterstützen die Arbeit des Integrationsrates.
Wir Linken unterstützen antifaschistische Aufklärungs- und Bildungsarbeit. Im Kampf gegen den Rechtsextremismus der AfD und anderer Gruppierungen beteiligen wir uns an breiten demokratischen Bündnissen.
Humane Asylpolitik
Klimakollaps und Fluchtursachen sind zwei Seiten derselben Medaille. Die weltweit über 100 Millionen Geflüchteten sind Betroffene von Krieg, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung und strukturellen Ungerechtigkeiten. Als Linke setzen wir uns für die Überwindung dieser Fluchtursachen ein und verteidigen das Asylrecht. Auf der kommunalen Ebene wollen wir, dass sich die staatlichen Stellen weiterhin uneingeschränkt an ihre Verpflichtungen bei der Aufnahme und Unterbringung halten und ihre Beiträge für eine Integration von Geflüchteten in Bildung, Arbeit und bezahlbaren Wohnraum beibehalten und erweitern. Mit durch unsere Initiative haben sich die Städte Tübingen und Rottenburg zu „Sicheren Häfen“ erklärt.
Unsere Vorschläge:
- Mehr Sprachförderung: Viele ankommende Geflüchtete haben über Monate keinen Zugang zu Sprachkursen. Der Landkreis sollte die kostenlosen Deutschkursangebote deutlich erweitern. Es braucht dabei auch spezielle Angebote für Frauen und Kinder und für Personen mit Alphabetisierungsbedarf.
- Wohnrauminitiative: Geflüchtete müssen gleichberechtigt mit anderen Wohnraumbedürftigen in alle Maßnahmen der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum einbezogen werden. Statt polizeirechtlicher Obdachlosenunterbringung brauchen wir mehr privatrechtliche Mietverhältnisse.
- Beschäftigungsoffensive: Die Integration neu ankommender Geflüchteter in den Arbeitsmarkt ist ein langwieriger Prozess. Wir fordern eine Beschäftigungsoffensive zur gezielten Heranführung von Geflüchteten, insbesondere auch aus der Ukraine, an sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
- Den „Sicheren Hafen“ mit Leben füllen: Stadt und Landkreis haben sich zum „Sicheren Hafen“ erklärt. Wir wollen proaktive Maßnahmen, die dies mit Leben füllen. Dies können z. B. Wohnraumpatenschaften für Menschen aus Aufnahmeprogrammen sein. Stadt und Landkreis sollen die Menschen unterstützen, die über das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan einreisen dürfen.
- Geflüchtetensozialarbeit und -hilfe verstetigen: Die Stellen von Sozialarbeiter:innen und Integrationsmanager:innen müssen dauerhaft finanziell gesichert werden. Auch freie Träger und Vereine, die Geflüchtete beraten und unterstützen, müssen nachhaltig finanziell gefördert werden. Wir unterstützen Vereine und Initiativen, die für Bleiberecht und gegen Abschiebungen eintreten.
- Ausländeramt Tübingen reformieren: Wir wollen ein Ausländeramt, das die Anliegen von nicht-deutschen Mitbürger:innen schnell, kompetent und freundlich erledigt. Dafür muss sich jedoch viel verbessern. Wir wollen, dass das Ausländeramt mit kompetentem Personal ausgestattet wird, die Wartezeiten möglichst kurz, die fachlichen Fehler möglichst gering sind und die rechtlichen Spielräume gut genutzt werden.
10. Kultur – alle sollen daran teilhaben▲
Die Kulturszene in Tübingen zu erhalten ist keine Frage des Luxus, sondern gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Stadt. Kunst und Kultur fördern den Zusammenhalt in Tübingen.
Das gemeinsame Erleben und insbesondere die Teilnahme daran geben uns außerhalb des gemeinsamen Arbeitslebens (oder, im Bereich der Universität: außerhalb der gemeinsamen Forschung, des gemeinsamen Lehrens und Lernens) die Möglichkeit, anderen Menschen nahe zu sein und aus dieser Verbindung Kraft zu schöpfen. Haushaltskürzungen im Kulturbereich lehnen wir ab.
Wir setzen uns unter anderem ein für:
- Mehr Personal für das Stadtarchiv und das Stadtmuseum.
- Die Stadtbücherei braucht weitere Räumlichkeiten und ebenfalls mehr Mitarbeiter:innen.
Ebenso wichtig wie ihr Erhalt ist es uns, allen Menschen Teilhabe an der Kultur in Tübingen zu ermöglichen. Mangelnde Barrierefreiheit, teure Tickets, Sprachbarrieren: hier gibt es noch viel zu tun.
- Alle Museen sollten freien Eintritt haben.
- Die Ausleihe in der Stadtbücherei sollte gebührenfrei sein, auch für über 18-Jährige.
- Kulturinstitutionen, die Förderung von der Stadt erhalten, sollten verpflichtet sein, jedes Jahr eine bestimmte Anzahl an Veranstaltungen nach dem „pay what you want“-Prinzip anzubieten.
- Kulturinstitutionen, die Förderung von der Stadt erhalten, sollten verpflichtet sein, ihre ermäßigten Eintrittspreise auch für Menschen mit einer KreisBonusCard anzubieten.
11. Jugend – wir sind die Zukunft!▲
Die Stadt „soll Kinder und muss Jugendliche“ an Entscheidungen beteiligen, so schreibt es die Gemeindeordnung vor.
Dafür reicht es nicht aus, einen Jugendgemeinderat einzurichten, auch wenn dieser in Tübingen vorbildhafte Arbeit leistet. Von der Stadt sind „geeignete Verfahren zu entwickeln“. Es wird daran gearbeitet, aber bisher funktioniert es noch nicht, dass Jugendliche bei Verfahren und Entscheidungen aus allen Bereichen der Stadtverwaltung angemessen beteiligt werden. Wir setzen uns ein für eine Personalstelle für eine Ansprechperson in der Fachabteilung Jugendarbeit, die die restliche Verwaltung bei Fragen der angemessenen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen unterstützen kann. Wir wollen auch, dass das Kinderrathaus wieder stattfindet.
Für junge Menschen in Not, insbesondere mit psychischen Problemen, braucht es geeignete Anlaufstellen. Hier und auch bei der Beratung von jungen queeren Menschen gibt es aktuell große Probleme mit der Kapazität der Stellen. Bund, Land und Landkreis müssen dafür sorgen, dass für die Therapie und Beratung von Menschen in Not die nötigen Mittel und das nötige Personal bereitgestellt werden. Projekte, die versuchen, diese Bedarfe aufzufangen, müssen dauerhaft finanziert werden.
Unsere Forderungen:
- Endlich ein Anbau fürs Jugendcafé Bricks.
- Jugendmusikszene: Ract! unterstützen, mehr Proberäume schaffen, Auftrittsmöglichkeiten bieten
- Weitere Graffitiwände legalisieren.
- Personal für die Jugendhäuser. Jugendtreffs dürfen nicht geschlossen bleiben müssen.
12. Frauenrechte – die Hälfte von allem▲
Frauen leisten den überwiegenden Teil der Arbeiten, die für den sozialen Zusammenhalt in der Stadtgesellschaft notwendig sind. Ob in der Pflege, bei der Erziehung der Kinder, im Ehrenamt oder in der Sorgearbeit – ohne die oft unbezahlte Arbeit von Frauen steht die Welt still. Corona hat dies nochmals deutlich gezeigt: Meist waren es Frauen, die Homeschooling der Kinder, Home-Office und Hausarbeit gleichzeitig schulterten und den zusätzlichen Belastungen ausgesetzt waren. Neu kommt hinzu, dass wegen Fachkräftemangel die Kinderbetreuungszeiten in den Tübinger Kitas drastisch gekürzt wurden. Manche Eltern kürzen deshalb ihre Arbeitszeiten; besonders Alleinerziehende sind betroffen. Das Problem ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hausgemacht. GEW und ver.di sind schon vor zehn Jahren Sturm gelaufen für mehr pädagogische Fachkräfte. Wir haben schon vor Jahren höhere Ausbildungsquoten gefordert. Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige kam 2013, und die Stadtbevölkerung wuchs, ohne dass der Personalbestand dem Bedarf angepasst wurde. Um die Kitastrophe endlich in den Griff zu bekommen, braucht es eine wirkungsvolle und dauerhafte Ausbildungsoffensive und eine Fachstelle Ausbildung.
Die Erziehungsberufe müssen aufgewertet werden.
Gewalt gegen Frauen nimmt zu. Jede dritte Frau erfährt in ihrem Leben mindestens einmal körperliche und/oder sexualisierte Gewalt. Wir kämpfen dafür, dass die Istanbul-Konvention umgesetzt wird. Diese verpflichtet international dazu, gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen. Dafür braucht es qualifizierte, bedarfsgerechte und ausreichend finanzierte kommunale Beratungs- und Schutzangebote und mehr Aufenthaltsmöglichkeiten in Frauenhäusern.
Für Gleichberechtigung treten wir Linken auch im Arbeitsleben ein. Frauen sind überdurchschnittlich oft im Niedriglohnbereich beschäftigt, verdienen in Baden-Württemberg 23 % weniger als Männer und sind deshalb stärker von Altersarmut betroffen. Deshalb setzten wir uns in Tübingen auch dafür ein, dass die – meist weiblichen – Reinigungskräfte nach TVöD bezahlt werden.
Periodenarmut
Viele Mädchen und Frauen stehen monatlich vor Herausforderungen, da sie sich die notwendigen Hygiene-Produkte nicht leisten können. Um ihnen zu helfen und zu verhindern, dass sie sich aufgrund von Scham an diesen Tagen nicht aus dem Haus trauen, möchten wir entsprechende Produkte kostenlos in Bildungseinrichtungen, Obdachlosenheimen, Jugendzentren und städtischen Betrieben zur Verfügung stellen.
Queere Politik
Wir als Linke treten dafür ein, dass Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Identität nicht stigmatisiert oder diskriminiert werden. Im Vergleich zu anderen Ländern wurde in Deutschland viel erreicht. So ist die Heirat zwischen homosexuellen Paaren möglich, das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare wurde verbessert, und mit dem neuen sexuellen Selbstbestimmungsrecht, das gerade auf den Weg gebracht wird, ist für transidente Menschen hoffentlich bald eine hürdenfreie Selbstbestimmung über ihren Körper möglich. Uns ist es wichtig, dass Institutionen und Beratungsstellen, die für die Rechte von queeren Menschen unabhängig von ihrer Herkunft eintreten, kommunal gefördert werden. Dies betrifft besonders die Stelle der Queerbeauftragten und das neu geschaffene Queere Zentrum in Tübingen. Beides sind wichtige Vernetzungs- und Anlaufstellen. Ebenso alle Institutionen, die sich für sexuelle Selbstbestimmung einsetzen und in diesem Bereich Beratungs- und Präventionsarbeit leisten. Dafür braucht es vor allem eine gesicherte finanzielle Förderung, um die Arbeit dieser Einrichtungen als wichtigen Bestandteil des Gemeinwesens zu sichern. Zudem leisten diese Stellen häufig einen wichtigen politischen Beitrag gegen den wachsenden Rechtspopulismus und treten für Vielfalt und Menschenrechte ein.
Feministische Stadt
Die Hälfte von allem – auch im Rathaus: Unsere Fraktionen im Gemeinderat und im Kreistag bestehen mindestens zur Hälfte aus Frauen. Wir haben fest vor, dass das nach den Kommunalwahlen so bleibt.
Politische Ämter und Mandate müssen mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt werden, ebenso die Leitungsebenen der Verwaltung. Darüber hinaus fordern wir eine geschlechtergerechte Haushaltssteuerung (gender budgeting) und die Pflicht zur Prüfung der Auswirkungen kommunaler Entscheidungen auf die Geschlechter (gender mainstreaming).
Barrierefreie Gehwege
Die aktuelle Stadtplanung berücksichtigt nicht alle Menschen gleichermaßen. Die Bedürfnisse von Fußgänger:innen und Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, wie zum Beispiel Eltern mit Kinderwagen, die noch überwiegend Frauen sind, möchten wir verstärkt in den Fokus der Stadtplanung rücken. Wir setzen uns für gute, kurze und gut beleuchtete Fußwege, den Erhalt und Ausbau von Spielplätzen ein, um das Leben derer, die am häufigsten Sorgearbeit leisten, einfacher und sicherer zu gestalten.
13. Kommunale Friedenspolitik▲
Nach dem militärischen Überfall Russlands auf die Ukraine hat die Bundesregierung eine „Zeitenwende“ ausgerufen. Damit wird die Politik der Abrüstung für gescheitert erklärt und Deutschland erneut in einen kriegerischen Konflikt hineingezogen. Ein Bedrohungsszenario dient als Vorwand für eine nie dagewesene Aufrüstung, mit Waffen, die zum Teil keinerlei Verteidigungswert haben, sondern nur als Muster für den Export dienen. Alle Bereiche der Gesellschaft werden militaristisch durchdrungen und ein Vorrang neu zu schaffender Stärke postuliert, Verhandlungen und Konfliktvermittlung werden von vornherein abgelehnt. Dieser Logik dürfen wir uns nicht beugen.
Deutschland ist faktisch Kriegspartei und die Rückkehr zur vertrauensvollen und friedlichen Zusammenarbeit zwischen den Machtblöcken ist derzeit nicht erkennbar. Die Folgen der militärischen Eskalation und die damit verbundene Aufrüstung bestimmen jetzt die Politik. Die Ampel-Regierung hat den Schwerpunkt der öffentlichen Ausgaben immer weiter zugunsten des Militäretats verschoben. Rüstungskonzerne profitieren von den stetig steigenden Rüstungsausgaben und machen Gewinne in bisher nicht erreichter Höhe. Der Militär- und Rüstungshaushalt umfasst mit 90 Milliarden Euro rund 20 % des Gesamthaushalts, während bei Bildung, Gesundheit, Sozialem, Wohnungspolitik und Klimaschutz stark gekürzt wurde. Dieses Geld fehlt vor allem auch in den Kommunen für die Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge.
Krieg beginnt hier
Auch in unserer Region ist das Primat des Militärischen unübersehbar. In Oberndorf sitzt mit dem Waffenhersteller Heckler&Koch eines der weltweit tödlichsten Unternehmen. Viele weitere Rüstungsunternehmen sind in der Region ansässig, z. B. der französische Konzern Thales mit seiner Deutschlandzentrale in Ditzingen. Kriege in aller Welt werden von den in Stuttgart stationierten US-amerikanischen Kommandozentralen Eucom und Africom geplant und geführt. Am „Cyber Valley“ im Tübinger Technologiepark beteiligen sich auch Automobilkonzerne und Zulieferkonzerne, die wie z. B. ZF Friedrichshafen auch in die Rüstungsindustrie verstrickt sind und von dieser profitieren. Im Rahmen der Forschungen an und der forcierten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz wird als „dual use“ auch an militärisch relevanten Fragestellungen geforscht. Krieg beginnt hier und muss schon hier gestoppt werden.
Aktive Friedenspolitik und Zusammenarbeit
Gerade auch in Kriegszeiten dürfen zivile und partnerschaftliche Kontakte nicht abgebrochen werden und sollten insbesondere auf kultureller Ebene weiter ausgebaut werden. Lebendige Städtepartnerschaften können Brücken bauen. Im Sinne der Entspannung und der dringend notwendigen Rückkehr zu Diplomatie und Zusammenarbeit in ganz Europa muss der Austausch mit Bürger:innen, kulturellen und wissenschaftlichen Einrichtungen ausgebaut und die Kontakte und der Austausch mit der Partnerstadt Petrosawodsk (Russland) wieder belebt werden.
Auch die Solidaritätspartnerschaft mit Krementschuk (Ukraine) unterstützen wir.
Bundeswehr raus aus Schulen und Universität
Die Bundeswehr ist im zivilen Leben immer präsenter mit ihren Versuchen, das Ansehen des Militärs zu heben und militärischen Nachwuchs zu rekrutieren. Für die Unterstützung des Kriegskurses soll die gesamte Bevölkerung gewonnen werden. Militär und Werbung für Kriege hat an den Schulen, an der Universität, den Jobcentern, in den Verwaltungen nichts zu suchen. Krieg ist kein Funsport, und Bildungsstätten sind keine Rekrutierungsstätten der Bundeswehr.
Die Universität hat sich dazu verpflichtet, dass Lehre, Forschung und Studium friedlichen Zwecken dienen. Kriegspropaganda, Forschung und Lehrveranstaltungen mit Geldern und Personal der Bundeswehr verletzen diese Zivilklausel.
Wir wünschen uns Tübingen als offene Stadt, die sich für ein friedliches Zusammenleben der Staaten und Völker engagiert.
Wir fordern:
- keine Karriereberater:innen der Bundeswehr in Schulen, keine militärische Werbung beim Berufsinformationstag;
- keine Weitergabe von Daten Minderjähriger durch die Stadtverwaltung an die Bundeswehr;
- keine Unterstützung für Militärforschung (auch verdeckte) an Forschungseinrichtungen; keine Unterstützung für die Ansiedlung von Unternehmen, die neue Technologien auch für Militär und Rüstung bereitstellen.
- Straßen, Plätze und Gebäude, die nach Personen benannt sind, die nationalsozialistisch, militaristisch, kolonial oder rassistisch belastet sind, sollen umbenannt werden.
- Unterstützung von Aktivitäten für ein Atomwaffenverbot und die Ziele der „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für den Frieden) sowie des ICAN-Städteappells (Internationale Kampagne für ein Atomwaffenverbot), denen sich Tübingen angeschlossen hat. Die Fahne der „Mayors for Peace“ soll als universelles Symbol für den Frieden und Zeichen gegen alle Kriege in der Welt dauerhaft vor dem Rathaus wehen.
- Unterstützung von lokalen Initiativen, die friedenspolitisch arbeiten und sich mit antifaschistischer Gedenkarbeit beschäftigen.