Totgesagte leben länger
SOS Kita – was muss passieren, damit die Landespolitik die Forderung nach verlässlichen Kitas erfüllt? Kinder sind unsere Zukunft. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht auf dem Spiel. In Baden-Württemberg müssen 15.000 freie Stellen mit Erzieher:innen besetzt werden. Da braucht es landesweit eine gezielte Ausbildungsoffensive statt Werbekampagnen für den Soldatenberuf. Den Betroffenen in Tübingen ist nicht geholfen, wenn die Verwaltung 100.000 Euro für eine Werbeagentur ausgibt, die hohle Sprüche raushaut, nicht in die Abschlussklassen geht und sich den Problemen nicht stellt.
Voll daneben ist auch, dass die Landesregierung per Lostrommel (!) die Bundeszuschüsse für die Ganztagsbetreuung an die Kommunen weiterverteilt statt die Mittel nach Bedarf zu ergänzen. Qualifiziertes pädagogisches Personal in Kitas und Grundschulen muss drin sein. Die Bildungskatastrophe ist hausgemacht. Was in Frankreich und Schweden geht, ist auch bei uns möglich. Das Gehalt von Erziehungspersonal orientiert sich dort am Lehrberuf.
In Tübingen ist eine Entlastung der pädagogischen Fachkräfte von Verwaltungs- und Hauswirtschaftsaufgaben im Gang. Das ist schon was. Freie Träger, die vorbildlich ausbilden, dürfen bei der Finanzierung nicht weiter benachteiligt werden. Stadtoberhaupt Palmer sieht bei den kommenden Haushaltsberatungen keine Kürzungsmöglichkeit im Kitabereich. Zustimmung! Auch in anderen sozialen Kernbereichen werden wir Kürzungen ablehnen und ich kritisiere Sparandrohungen, die städtischen Ausgaben auf das Niveau von 2012 zurückzufahren. Das hieße massiver Stellenabbau. Wer die „Schmerzen fair verteilen“ will, sollte die Gewerbesteuer maßvoll anheben und sich auf Ebene des Städtetags und bei Lanz dafür einsetzen, dass auch die Superreichen so streng besteuert werden wie einfache Erwerbstätige und die wertschöpfende Mittelschicht. Dann gäbe es keine Finanznot in den Kommunen und die Bahn müsste die Fahrzeiten nach Stuttgart nicht schätzen.
In Tübingen bekamen wir Linken bei der Kommunalwahl 9,3 % der Stimmen und konnten unsere vier Mandate im Gemeinderat halten, ein schönes Ergebnis; dafür Danke. Bundesweit sind wir derzeit im Keller. Aber Totgesagte leben länger. Im Gegensatz zu denen, die dem Rechtstrend und dem Rassismus der AFD nachlaufen, halten wir Linke fest an einem demokratisch-sozialistischen, ökosozialen und internationalistischen Kurs.
Gerlinde Strasdeit, Gemeinderätin