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Opfer von Berufsverboten müssen rehabilitiert werden!

Pressemitteilung vom 21. Juli 2023:
Heidelberg und Konstanz machen es vor:
Opfer von Berufsverboten müssen rehabilitiert werden!

Nachdem der Heidelberger Gemeinderat bereits am 23. März mit einem Beschluss an die Landesregierung appelliert hat, den Forderungen der Opfer von Berufsverboten endlich nachzukommen, hat der Konstanzer Gemeinderat am 18. Juli jetzt einen ähnlichen Appell beschlossen. Die Tübinger Linke hat im Gemeinderat die Initiative für eine ähnliche Resolution ergriffen, die am Montag behandelt werden soll.

Die Tübinger Linke fordert gemeinsam mit SPD und der FRAKTION den Tübinger Gemeinderat dazu auf, sich einem Aufruf anzuschließen, der bereits 2021 von einer Vielzahl von Persönlichkeiten aus Politik, Gewerkschaften, Wissenschaft und Kultur veröffentlicht worden ist. Darin wird gefordert, den Radikalenerlass generell offiziell aufzuheben, alle Betroffenen vollumfänglich zu rehabilitieren und zu entschädigen und die Folgen der Berufsverbote, sowie deren Auswirkungen auf die demokratische Kultur, wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit von der Gemeinderats-Fraktion der Tübinger Linken sagt: „Mit einer um 50 Jahre verspäteten Entschuldigung ist es nicht getan. Das Land muss auch finanziell ‚wiedergutmachen‘, was mit Geld eigentlich gar nicht zu entschädigen ist: Die Verhinderung von Lebensträumen und beruflicher Selbstbestimmung sowie die Stigmatisierung von Menschen als vermeintliche Verfassungsfeinde.“

1972 hatte die Ministerpräsidentenkonferenz die „Grundsätze zur Frage verfassungsfeindlicher Kräfte im Öffentlichen Dienst“ beschlossen. In der Folgezeit wurden etwa 11.000 Berufsverbots- und 2.200 Disziplinarverfahren eingeleitet und offiziell 1.256 Bewerberinnen und Bewerber nicht eingestellt sowie 265 Beamte entlassen. Auch für mehr als 30 Betroffene, die in Tübingen studiert, gelebt und gearbeitet haben, hatte der Erlass schwerwiegende Folgen. Eine Anschwärzung aus dem Kollegium an der Schule oder die Teilnahme an einer Demo mit DKP-Beteiligung konnte schon genügen, um im Sinne des besonders scharfen sogenannten „Schiess-Erlasses“ vom 2. Oktober 1973 als vermeintlicher Verfassungsfeind vom öffentlichen Dienst ausgeschlossen zu werden. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach in einem Interview davon, dass die Berufsverbote in Baden-Württemberg „mit besonderer Härte“ praktiziert worden sind. „Für die Praxis der Landesregierung spielt diese richtige Einschätzung aber offensichtlich keine Rolle“, kritisiert Wilhelm Bayer von der Tübinger Linken.