Bezahlkarte

Diskussion um Bezahlkarte

Mittwochspalte im Schwäbischen Tagblatt unserer neu gewählten Gemeinderätin Sara da Piedade Gomes

Sara da Piedade Gomes, Gemeinderätin
Sara da Piedade Gomes, Gemeinderätin

Europa rückt nach rechts. Mikroaggressionen, Vorurteile und Rassismus nehmen zu, befeuert durch rassistische Gesetze. Das Bundesparlament hat der Bezahlkarte für Geflüchtete zugestimmt, nachdem es Geas verabschiedet hat – die größte Einschränkung des Asylrechts seit Jahrzehnten. Auch im Landkreis Tübingen wird über die Bezahlkarte diskutiert.

Die Bezahlkarte könnte bedeuten: keine Überweisungen, limitierte Bargeldabhebungen, Beschränkungen auf bestimmte Postleitzahlen und Ausschluss bestimmter Waren. Dies würde das Leben der Betroffenen drastisch einschränken. Alltägliche Dinge wie der Kauf einer Wasserflasche oder ein Handyvertrag wären nahezu unmöglich. Auch die Bezahlung rechtlicher Unterstützung könnte scheitern. Und warum sollten arme Menschen keine Überweisungen an ihre Familien im Ausland tätigen können?

In Zeiten knapper Haushaltskassen würde dies zudem mehr Steuergelder für sinnlose Verwaltungsaufgaben bedeuten. Diese Karte basiert auf Abschreckungspolitik, die die Anzahl der nach Deutschland fliehenden Menschen reduzieren soll. Es gibt jedoch keinerlei Evidenz dafür, dass Sozialleistungen ausschlaggebend dafür sind, wohin Menschen fliehen. Asylsuchende erhalten etwa 70 Prozent der üblichen Sozialleistungen, deutlich weniger als das Existenzminimum in Deutschland. Menschen mit einer noch prekäreren Lage abschrecken zu wollen, ist unmenschlich.

Die Bezahlkarte ist Symbolpolitik mit verheerenden Konsequenzen. Ich lehne sie ab, denn sie ist rassistischer Populismus! Wenn Politiker*innen eine Bezahlkarte einführen wollen, warum nicht eine Bezahlkarte für Superreiche, um sie daran zu hindern, uns jährlich 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung in Offshore-Konten zu stehlen? Die Ablenkung von den wahren Ursachen sozialer Ungerechtigkeit muss enden. Geflüchtete und Migrant*innen sind nicht für Armut verantwortlich. Die Verursacher sind Kapitalismus, Milliardäre und extreme Ungleichheiten. Es ist Zeit, den Fokus auf die wahren Ursachen zu richten, anstatt die Schwächsten in unserer Gesellschaft weiter zu marginalisieren und zu schikanieren.

Antrag: Leistungen weiterhin aufs Konto

Tübingen, 23.04.2024

An den Kreistag des Landkreises Tübingen

Antrag der Fraktion Die Linke:

Der Kreistag spricht sich dafür aus, dass die Grundleistungen an Leistungsberechtigte nach Asylbewerberleistungsgesetz auch nach der Einführung der Möglichkeit einer „Bezahlkarte“ weiterhin als Geldleistungen ausgezahlt werden.

Begründung:
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Nicht mit Bezahlkarte

Andreas-Linder
Andreas Linder, Linke-Kreisrat

Leider glaubt die CDU, dass sich mit der Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete die „illegale Migration“ bekämpfen ließe. Das ist schon politisch armselig genug. Der CDU und den Freien Wählern im Landkreis kann es anscheinend nicht schnell genug damit gehen. Ein entsprechender Antrag bei der Kreisverwaltung wurde gestellt. Die AfD findet das natürlich verlogen, weil sie für sich selbst das Original auf richtige „Remigration“ proklamiert und die CDU „die letzten Jahre die illegale Migration zugelassen“ hat.

Solch dummes und rassistisches Geschwätz ist der Einstieg in einen Wahlkampf auf dem Rücken von Menschen, die vor den Kriegen, dem Terror, dem Unrecht und der Naturzerstörung auf dieser Welt Zuflucht in den Reichtumszonen dieser Welt suchen. Zur Erinnerung: Erstens: Wer einen Asylantrag stellt, nimmt die Genfer Flüchtlingskonvention und die Erklärung der Menschenrechte der UNO in Anspruch. Das ist legal. Zweitens: Schon im Jahr 2012 hat das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass das Existenzminimum nicht migrationspolitisch relativiert werden darf. Diesen Satz verstanden? Drittens: Die Fluchtursachen dieser Welt lassen sich nicht mit einer Bezahlkarte aufhalten.

Andreas Linder, Kreisrat