Wahlprüfsteine des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC)

Der ADFC KV Tübingen vertritt mit ca. 700 Mitgliedern die Interessen der Alltags- und Freizeitradfahrer. Um unseren Mitglieder aber auch anderen am Thema Fahrrad interessierten Menschen eine Hilfe bei der Gemeinderatswahl zu geben, möchten wir die Positionen aller Listen/Parteien zum Thema Radverkehr abfragen.

Radverkehrsförderung ist vergleichsweise preisgünstig und schnell umsetzbar, erreicht so Fortschritte bei Luftreinhaltung, Lärmschutz, Gesundheitsförderung und macht die Stadt attraktiver. Tübingen hat von Alters her einen Ruf als Fahrrad-Stadt – wird aber mittlerweile von anderen Städten überholt.

1. Was sind die Ziele Ihrer Liste für die Förderung des Radverkehrs in der nächsten Amtsperiode? Wer ist Ansprechpartner für das Thema?

Antwort: Die Ziele der Tübinger Linken sind ein Ausbau der Radwege und zusätzliche Angebote zur Fahrradmitnahme in Bussen. Radfahren soll in Tübingen attraktiver werden. Wir setzen uns unter dem Motto „Mobilität für alle“ für ein Verkehrskonzept ein, das Fortbewegung ohne Auto attraktiver macht. Hierbei geht es nicht nur um die Förderung des Radfahrens, sondern auch um den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, insbesondere im ländlichen Raum und am Wochenende, und das zu sozialen Konditionen, etwa mit einem kreisweiten Sozialticket und ticketfreiem TüBus. Ansprechpartner von unseren KandidatInnen ist Frederico Elwing. Wer Ansprechpartner im Gemeinderat und Kreistag sein wird, klären wir nach der Wahl.

2. Niedrige Kfz-Geschwindigkeiten machen Radfahren (aber auch Fußgehen und Leben in der Nachbarschaft) angenehmer und sicherer. Werden Sie sich für Tempo 30 im gesamten Stadtgebiet (mit Ausnahme der Bundesstraßen) einsetzen?

Zum generellen Tempo 30 gibt es innerhalb unserer Liste unterschiedliche Positionen. Einerseits sehen wir die zahlreichen Vorteile (z.B. geringere Unfallgefahr), andererseits sehen wir die Gefahr, dass bei Tempo 30 und Ampeln auf Hauptstraßen der Schleichverkehr durch Nebenstraßen zunimmt, die auch Tempo 30 haben, aber keine Ampeln (z.B. Gartenstraße). Gerade in den Nebenstraßen fahren viele RadfahrerInnen auf der Straße, da es im Gegensatz zu Hauptstraßen wie der Wilhelmstraße dort in der Regel keine Fahrradwege/-streifen gibt. Eine Verkehrverlagerung auf Nebenstraßen halten wir nicht für wünschenswert.

3. Seit der StVO-Novelle 1997 dürfen Radwege nur noch dort als benutzungspflichtig beschildert sein (also mit den runden blauen Schildern mit Fahrrad), wo eine nachge­wiesene, besondere Gefahrenlage besteht. Die Tübinger Verwaltung ist hier untätig und vertröstet ADFC-Anfragen. Werden Sie Druck machen, dass die Stadtverwaltung ihren Pflichten nachkommt und Radverkehr in der Regel auf der Fahrbahn zulässt?

Ja.

4. Die Umgestaltung des Busbahnhof am Bahnhofsvorplatz ist in der Diskussion. Die derzeitige Planung sieht nur recht wenige Radstellplätze im jetzigen Fußgängertunnel vom Anlangenpark vor – mit weitem Weg über Treppen bis zum Bahnsteig. Setzen Sie sich für eine großzügige Radstation direkt neben dem Bahnhof ein, hell und mit kurzen Wegen (Vorbilder: Freiburg, Mannheim)?

Ja, diese sollte möglichst nah am Bahnhof liegen.

5. In und um die Altstadt mangelt es an Rad-Abstellmöglichkeiten. Die Schilder „Rad abstellen verboten“ sind ein Armutszeugnis. Was werden Sie tun, um Altstadt­besuchern ein besseres Angebot zum Fahrrad-Abstellen zu machen?

Wir finden zahlreiche Radabstellplätze rund um die Altstadt sinnvoll und diese sollten in großer Zahl vorhanden sein und auf keinen Fall entfernt werden, wie es etwa in der Neuen Straße geschehen ist.

6. In der Fußgängerzone herrscht reger Kfz-Verkehr – Radfahren ist aber rund um die Uhr verboten. Werden Sie sich für eine Öffnung der Fußgängerzone für (rücksichts­volles) Radfahren einsetzen? z.B. als Versuch für ein Jahr zwischen 18 und 10 Uhr?

Eine generelle Öffnung der Fußgängerzonen für Radfahrende sehen wir kritisch, da dies eine zu große Gefährdung von Fußgängern darstellt. Allerdings könnten wir für uns eine Öffnung in bestimmten Gassen vorstellen, wie z.B. der Kornhausstraße (eben, breit genug) für den rücksichtsvollen Radverkehr, um das Durchqueren der Innenstadt mit dem Rad zu erleichtern. In engen Gassen mit großem Gefälle und großen Fußgängeraufkommen halten wir eine Öffnung für zu gefährlich. Gerade Nachts wäre die Gefährdung durch nicht beleuchtete Radfahrende groß. Wegen des Pflasters, der Enge und der Steile ist es ja im Normalfall auch sinnvoll, das Rad am Rand der Fußgängerzone abzustellen, daher braucht es dort ausreichende Abstellmöglichkeiten.

7. Bislang sind die Regeln für die Mitnahme von Fahrrädern im Bus unnötig kompliziert und restriktiv. Setzen Sie sich für die Radmitnahme in allen Bussen ein – sofern der Platz nicht aktuell für Passagiere oder Kinderwagen benötigt wird?

Ja, das finden wir sehr sinnvoll und werden uns dafür einsetzten. Unbedingt muss das formale Verbot im TüBus gleichzeitig Kinderwägen und Räder zu transportieren, gekippt werden, wenn ausreichend Platz ist. Gelenkbusse sollten an der hinteren Tür mit einem weiteren Platz für Kinderwägen, Rollstühle und Fahrräder ausgestattet werden (dazu genügt die Entfernung von vier Sitzplätzen).

8. Die schleppende Umsetzung des Radverkehrskonzept liegt in erster Linie auch am Personalmangel bei der Stadtverwaltung. Setzen Sie sich für eine weitere Planerstelle ausschließlich für den Radverkehr ein?

Unser Meinung nach liegt es eher am Geld oder am Willen. Viele kleine Änderungen, wie etwa in Frage 3 angesprochen, kosten nichts und machen nicht viel Arbeit, da fehlt der politische Wille. Wo neue Radwege gebaut oder alte saniert werden könnten, ist ja auch recht offensichtlich.

9. Großes Potential für den Umstieg Pkw -> Rad gibt es bei Einpendlern aus dem Umland. Vorhandene Radverbindungen sind hier Stückwerk. Wer über 10 km zur Arbeit nach Tübingen radeln will braucht durchgehend mit 25-30 km/h befahrbare Radschnellwege ohne viele Hindernisse oder Straßenquerungen mit langen Wartezeiten. Werden Sie sich für Radschnellwege ins Umland einsetzen?

Ja, hier geht es unseres Erachtens vor allem darum, wichtige Einpendlerwege in Schuss zu halten.

10. Welche weiteren konkrete Ideen haben Sie zur Förderung des Radverkehr?

– bessere Querungsmöglichkeiten der Bahnstrecke Tübingen Hauptbahnhof-Tübingen-Lustnau, z.B. einen Tunnel unter der Bahn auf der Höhe Stauwehr/Brückenstraße/Güterbahnhof und im Bereich der geplanten Regionalstadtbahnhaltestelle Unterer Wert, eine Sanierung und absteigefreie Befahrbarmachung der alten Tunnels zwischen Unterer Wert und Eisenbahnstraße
– Anlage von möglichst kreuzungsfreien durchgängigen Radwegen entlang von Neckar, Ammer, Steinlach, sowie zu den Schulzentren mit klarer Markierung, Beschilderung und Beleuchtung

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