Armut verhindern durch Tarifbindung

Gisela Kehrer-Bleicher

Von Gisela Kehrer-Bleicher, Kreisrätin der Tübinger Linken

Der kürzlich vorgestellte Kreissozialbericht macht deutlich, wo die zukünftigen Aufgaben im Landkreis liegen. Soziale Politik für die Menschen muss auf große Herausforderungen reagieren.

Bis zum Jahr 2035 wird der Anteil der Menschen über 65 Jahren um 48% steigen. Dies bedeutet große Anforderungen an den Landkreis und die Kommunen für einen bedarfsgerechten und flächendeckenden Ausbau von Betreuungs- und Pflegeangeboten für Ältere. Weil das Land 2010 aus der Investitionsförderung bei den Pflegeheimen ausgestiegen ist, schießen die Belastungen für die Pflegebedürftigen in die Höhe, im Schnitt müssen sie inzwischen rund 2200 Euro Eigenanteil selbst bezahlen.

Auch die kommunalen Träger sind überfordert, die Stadt Rottenburg muss nun nach einem privaten Investor für das geplante Pflegeheim in Ergenzingen suchen. Gleichzeitig wächst die Altersarmut rasant, bundesweit sind 19,5% der Rentnerhaushalte, also jeder Fünfte, armutsgefährdet und müssen mit weniger als 999 Euro (Einzelpersonen) monatlich über die Runden kommen. Im Kreis sind inzwischen rund 10% der Bevölkerung auf Grundsicherung im Alter angewiesen.

Immer mehr Menschen sind im Niedriglohnsektor beschäftigt und trotz Arbeit auf Sozialleistungen angewiesen, weil ihr Lohn nicht zum Leben ausreicht. Im Kreis Tübingen sind es 1500 und damit rund ein Drittel aller SGB II-Beziehenden. Erschreckend ist der hohe Anteil von Kindern unter den Leistungsbeziehern, nämlich 29%. Die steigende Kinderarmut bedeutet existenzielle Einschränkungen für die gesundheitliche, soziale und kulturelle Entwicklung von immer mehr Kindern.

Die explodierenden Mieten treiben die Armut weiter in die Höhe. Immer mehr Menschen, auch mit durchschnittlichem Einkommen, sind auf Wohngeld angewiesen. Damit steigen auch die Sozialkosten. Deshalb brauchen wir einen grundsätzlichen Politikwechsel: Der Niedriglohnsektor muss durch höhere Mindestlöhne und Tarifbindung in allen Bereichen ausgetrocknet werden. Auch der Landkreis kann dies bei Auftragsvergaben mit beeinflussen. Und die Mieten müssen runter und wieder bezahlbar werden.

Keine Lösungen sind rechte Hetze und demagogische Parolen, mit denen unsozialer Politik ein biederes Mäntelchen verpasst werden soll. Auch nach den Wahlen gilt: Kein Platz für alte und neue Rechte im Kreistag und den Kommunen!

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