Der Kreis als sicherer Hafen

Andreas Linder, Linke-Kreisrat

Im November hat die Kreistagsfraktion der Linken den Antrag gestellt, dass sich der Landkreis Tübingen dem Bündnis „Sichere Häfen“ anschließen soll. In diesem Bündnis haben sich bereits über 120 Städte und Landkreise aus ganz Deutschland zusammengeschlossen, die ihre Bereitschaft erklärt haben, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufzunehmen. Am 11. Dezember trugen über zwanzig Organisationen der Tübinger Zivilgesellschaft diese Forderung anlässlich der Kreistagssitzung vor das Landratsamt.

Warum haben wir diesen Antrag gestellt, und ist das überhaupt ein Thema für die Kommunalpolitik? Wir sind der Meinung, dass vier Jahre, nachdem die sogenannte Flüchtlingskrise ausgerufen wurde, eine Wende in der Flüchtlingspolitik nötig ist. Unter Seehofer, und leider mitgetragen von der SPD, wurde in den vergangenen Jahren eine Politik betrieben, bei der einseitig auf Abwehr und die Abschottung der EU-Außengrenzen und auf die Aufenthaltsbeendigung von bereits angekommenen Flüchtlingen fokussiert wurde.

Insofern sind „wir“ mitverantwortlich für das fortgesetzte Sterbenlassen von tausenden von Menschen im Mittelmeer, für die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettungsorganisationen, für den EU-Türkei-Deal und die daraus folgenden katastrophalen Zustände in den Lagern auf den griechischen Inseln oder an der bosnisch-kroatischen Grenze. Während all dies passiert, stehen bei uns geeignete Aufnahmeplätze leer oder werden geschlossen. Im Jahr 2019 musste der Landkreis im Durchschnitt zirka 10 neue Asylsuchende pro Monat aufnehmen. Da wären etwa 10 weitere Personen aus Aufnahmeprogrammen eine Kleinigkeit, für die Betroffenen aber die Rettung vor menschenunwürdigen Lebensbedingungen oder vor dem Tod.

Es ist gut, dass sich die Städte Rottenburg und Tübingen bereits zum „Sicheren Hafen“ erklärt haben. Aus unserer Sicht ist jedoch der Landkreis die Instanz, die entscheiden kann, ob und wie viele Flüchtlinge zusätzlich zu Asylsuchenden aufgenommen werden sollen. Und das genau ist die Forderung des Bündnis „Sichere Häfen“, der sich die Bundesregierung bisher noch verschließt. Damit sich also in der Flüchtlingspolitik etwas ändern kann, braucht es den Impuls und mehr Druck „von unten“.

In diesem Sinne hoffen wir auf Ihre Unterstützung und dann auf die Zustimmung des Kreistags und wünschen allen einen guten Start und viel Erfolg und Gesundheit im neuen Jahr(zehnt).

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