Für einen akzeptierenden Umgang mit allen Menschen in der Stadt

Linke-Gemeinderatsfraktion, Tübingen, 18.4.2021
Pressemitteilung zu Äußerungen von OB Boris Palmer

Die Äußerungen von Oberbürgermeister Boris Palmer im Zusammenhang des Tübinger Modells und steigenden Infektionszahlen haben zu heftigen Kontroversen geführt. Zuletzt nach der Gemeinderatssitzung am 15. April. Zuvor hatte der Integrationsrat eine Stellungnahme dazu veröffentlicht, die sich auch kritisch mit den Äußerungen des OB auseinandersetzte.

Wir als Linke lehnen jegliche Form von Rassismus entschieden ab. Dazu gehören auch die antisemitischen Äußerungen gegenüber OB Boris Palmer. Diese sind mit aller Schärfe des Gesetzes zu verfolgen. In der momentanen Situation, unter der wir alle leiden, macht es wenig Sinn, steigende Infektionszahlen einzelnen Gruppen zu zuschreiben und dies aus einer bloßen Beobachtung und Wahrnehmung heraus, wie sie der Oberbürgermeister immer wieder äußert. Sie sind nicht nur falsch, sondern helfen momentan nicht weiter, Ursachen von steigenden Infektionen zu erkennen und geeignete Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

So haben sogenannte Ausbrüche von Infektionen mit Covid 19 in der Erstaufnahme (EA) primär mit strukturellen Bedingungen zu tun und sind nicht pauschal dem Verhalten einzelner Personen anzurechnen. Wo Menschen dicht zusammenleben müssen, können sie sich nicht genügend schützen. Vielmehr würde es mehr Sinn machen, ähnlich wie in den Pflegeheimen, in Obdachlosen – Flüchtlings – und anderen Sammelunterkünften aufsuchende Testangebote und Impfungen durch das Impfmobil durch zu führen. Erfahrungen mit anderen Infektionsgeschehen, z.B. HIV und Hepatitis, haben gezeigt, dass sowohl Präventionsmaßnahmen, die an den Lebensbedingungen der Menschen ansetzen als auch durch Informationen und Gespräche Menschen dazu befähigt, sich so zu verhalten, dass sie ihr eigenes Infektionsrisiko reduzieren. Dafür benötigen wir aber dringend einen sachlichen, vorurteilsfreien Umgang mit der Pandemie und ihren Ursachen.

Gerade von einem Stadtoberhaupt kann man erwarten, dass er dies umsetzt und damit zu Lösungen zusammen mit allen Menschen der Stadtgesellschaft beiträgt. Diskriminierung, Rassismus und Stigmatisierung führt zum Ausschluss von einzelnen Gruppen und hat in unserer Stadt nichts verloren.

Wir fordern einen akzeptierenden Umgang mit allen Menschen, gerade in der momentanen Lage. Schwierige Wohn – und Arbeitsbedingungen Einzelner muss im Zusammenhang mit dem Infektionsgeschehen kritisch betrachtet und dann aber auch geändert werden. Dazu gehören auch Mängel im Gesundheitssystem und der fehlende Zugang für viele Menschen zu Informationen und Schutzmaßnahmen. Rassismus und Äußerungen, die diesen ermöglichen und begünstigen, schaden allen, – Menschen, die direkt davon betroffen sind aber auch der gesamten Stadtgesellschaft.

Wir hoffen, dass solche Äußerungen in Zukunft nicht mehr Inhalt unserer Diskussion sein müssen, sondern, dass wir unsere Energie dazu benutzen, um gemeinsam Wege aus der Pandemie zu finden.

Linke Fraktion im Tübinger Gemeinderat

Gitta Rosenkranz, Evelyn Ellwart, Birgit Hoberg, Gerlinde Strasdeit

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