1. Kommunales Wohnraumförderprogramm des Landkreises
Zur Linderung des großen Mangels an bezahlbaren Mietwohnungen wird der Landkreis Tübingen in den kommenden Jahren die Schaffung von sozialem Mietwohnraum in den Städten und Gemeinden im Landkreis finanziell unterstützen.
Zur Vorbereitung eines Programms zur kommunalen Wohnraumförderung und der Erarbeitung entsprechender Richtlinien, sowie zur Unterstützung erster Projekte werden im Haushalt 2021 Mittel in Höhe von 1,5 Mill.€ eingesetzt.
Begründung:
Die Fördermittel sollen als Ergänzung zur Landesförderung eingesetzt und für den Neubau und Erwerb von sozialen Mietwohnungen in den Städten und Gemeinden im Landkreis verwendet werden (siehe Heilbronn). Es handelt sich also um eine Komplementärförderung, die zusätzlich zur Landesförderung auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg (VwV-Wohnungsbau
BW) gewährt wird.
Immer mehr Menschen können sich nicht mehr mit ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum selbst versorgen und sind vom Zugang auf den „freien“ Wohnungsmarkt ausgeschlossen. Mit diesem Programm soll ein Anreiz geschaffen werden, damit insbesondere für diesen wachsenden Teil der Bevölkerung in den Städten und Gemeinde im Landkreis zusätzlich sozialer Wohnraum entsteht.
2. Untersuchung der Notlage von Obdachlosen und erste Vorschläge zur
Verbesserung.
Die Verwaltung macht zusammen mit den Kommunen eine Bestandsaufnahme und gibt zu den einzelnen Punkten eine Kostenaufstellung. Dafür werden im Kreishaushalt 50.000 Euro mit Sperrvermerk bereitgestellt.
Begründung:
Bundeskanzlerin Merkel prognostiziert einen harten Corona-Winter. Davon sind insbesondere Menschen an der Schwelle zur Armut und ohne festen Wohnsitz betroffen. Die aktuelle Corona-Pandemie trifft Alleinerziehende mit Kindern, Familien mit geringem Einkommen, freischaffende Künstler*innen und Personen im Niedriglohnsektor mit besonderer Härte. In Rottenburg machen Minijobber seit fast zehn Jahren rund ein Drittel aller Beschäftigten aus und erhalten in der jetzigen Krise nicht einmal Kurzarbeitergeld. Oft kann dieser Personenkreis hohe Mieten, gestiegene
Stromkosten und Einmalausgaben nicht mehr bezahlen und gleitet in die
Obdachlosigkeit ab. Mit der Obdachlosigkeit einher geht eine starke Einschränkung ihrer Grundrechte auf Privatsphäre, Gesundheit und Familienleben.
Auch wenn die Unterbringung von Obdachlosen/ Wohnsitzlosen eine Pflichtaufgabe der Kommunen ist, stellen wir einen Antrag für den Kreistag: Da die Zahl der Wohnsitzlosen wegen ihrer Mobilität schwer zu erfassen ist, gibt es keinerlei aktuelle Zahlen über die Entwicklung im gesamten Kreis. Die einzigen landesweiten Zahlen stammen von 2014.
Erst 2022 soll es wieder eine Erhebung geben, obwohl aus vielen Städten von einem Anstieg der Obdachlosenzahlen berichtet wird. Die Untersuchung auf Kreisebene soll deshalb eine Bestandsaufnahme ergeben, um die Dimension der Notlage zu erfassen.
Die Untersuchung sollte einen Überblick auf die aktuellen Zahlen, die verschiedenen Ursachen der Obdachlosigkeit, die unterschiedlichen Personengruppen, die Arten der kommunalen Unterkünfte, die Ansätze ihrer Betreuung (Sozial-, Gesundheits- und Arbeitsmarktmaßnahmen), Erfahrungen in den Kommunen und erste Vorschläge zur Verbesserung ihrer Notlage umfassen.
3. Schülerbeförderung
Wir streben den vollständigen Verzicht auf die Eigenanteile bei den Schülertickets an.
Als ersten Schritt dazu beantragen wir die Angleichung der Eigenanteile für die Schülertickets an die NALDO-Semestertickets der Studierenden und damit eine Absenkung auf 25,50€/Monat.
Die Finanzierung soll aus den erhöhten Mittelzuweisungen des Landes nach § 15 ÖPNVG und eventuell zusätzlichen Mitteln des Kreishaushalts erfolgen.
Begründung:
Die NALDO-Preisstruktur insbesondere bei den Schülertickets ist unsozial und familienfeindlich.
Nahezu einmütig ist inzwischen bei allen Fraktionen im Kreistag der Wille, dass der vollständige Verzicht auf die Eigenanteile angestrebt werden soll. Dies wurde auch im Dezember 2019 in der Erklärung zum Haushalt beschlossen, in der gemeinsam der Konsens zum Ausdruck gebracht wurde, ab 2020 eine wirksame Entlastung der Eltern zu erreichen.
4. Personalaufbau im Bereich der IT
Schaffung von 1,0 VZÄ in EG 10 im Bereich Wirtschaftsinformatik und 1,0 VZÄ in EG 9 für den Bereich Systeminformatik
Begründung:
Sowohl die neuen Aufgaben zur Digitalisierung der Arbeit im Landratsamt während der Pandemie, als auch Weiterentwicklungen im Bereich der digitalen Terminvergabe oder elektronischen Aktenbearbeitung erfordern einen erhöhten Stellenaufbau in der IT.
5. Erhöhung der Ausbildungskapazitäten im Bereich der IT
Um der Gewinnungsproblematik von Fachkräften im Bereich der Informationstechnik zu begegnen sollen die Ausbildungskapazitäten im Landratsamt um zwei zusätzliche Ausbildungsstellen zur/zum Systeminformatiker/-in erhöht werden.
Begründung:
Erfahrungsgemäß verbleiben die eigenen Auszubildenden vor Ort erhalten, sofern entsprechende Stellen Angebote vorhanden sind. Aufgrund der Erfahrung mit der Gewinnung von technischem Personal ist es daher angebracht, die eigenen Ausbildungskapazitäten für diese Berufe zu erhöhen.
6. Zuschuss zur Fahrradmobilität
Ein finanzieller Zuschuss für ein Fahrrad oder E-Bike für die Beschäftigten des Landratsamtes in Höhe von 25 € pro Monat für den Zeitraum von drei Jahren wird beantragt und soll im Haushalt ab 2021 bereitgestellt werden. Der Betrag sollte so gestaltet sein, dass die Steuerfreiheit für die Beschäftigten gewährleistet ist.
Begründung:
Das Landratsamt unterstützt die Nutzung alternativer und nachhaltiger Verkehrsmittel. Parallel zu dem Zuschuss zum Jobticket für die Beschäftigten ist eine Weiterentwicklung im Bereich der Förderung von umweltschonender Mobilität notwendig.
7. Freiwilligkeitsleistungen
Als Linke unterstützen wir progressive Menschenrechts- und Sozialarbeit und wir halten das Subsidiaritätsprinzip für eine wichtige Säule unseres gesellschaftlichen Sozialsystems.
Die Verwaltung votiert bei einigen der noch nicht entschiedenen Anträge für Ablehnung, weil entweder den Bedarf nicht gesehen wird oder „Doppelstrukturen“ vermieden werden sollen. Diese Sichtweise teilen wir nicht. Wir schlagen vor, dass alle diese Anträge angenommen werden. Aus unserer Sicht ist eindeutig der Bedarf vorhanden. In den beantragten Projekten sollen Leistungen erbracht werden, die wir für sinnvoll und notwendig erachten und die die Verwaltung so nicht erbringen kann bzw. die eine Komplementärangebote zu den Leistungen der Ämter darstellen. Finanziell fallen diese Anträge im Hinblick auf den Gesamthaushalt nicht ins Gewicht.
Wir nehmen hiermit Stellung zu folgenden einzelnen Anträgen:
Antrag 10 (Theater Hammerschmiede)
Der von der Verwaltung vorgeschlagene Betrag unterscheidet sich um 1000 € von der ursprünglich beantragten Summe. Da vor allem auch der Kulturbereich von den Einschränkungen durch Corona betroffen ist, halten wir es für eine unangemessene Kürzung, die das Überleben von kleinen, aber wichtigen kulturellen Angeboten bedroht. Vor allem unter diesem Aspekt befürworten wir den Antrag in voller Höhe.
Antrag 20 (AGIT Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt in Tübingen)
Das beantragte Projekt übernimmt wichtige Aufgaben im Bereich der Prävention für Mädchen und Jungen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Die „Erstanlaufstellen“ sind häufig niedrigschwellige Angebote, die außerhalb eines amtlichen Rahmens stattfinden und in denen Kontakt zu den Jugendlichen hergestellt und gefestigt wird. Das Jugendamt hat keinen gleichwertigen Zugang zu den betroffenen Mädchen und Jungen.
Antrag 26 – 28 (Frauen helfen Frauen e.V.)
Die Gesamtlösung wird von der Fraktion befürwortet. Wir bitten allerdings um detailliertere Erläuterung der bisher nur auf dem Papier dargestellten Einigung mit der Stadt Tübingen im SKA.
Antrag 35 (Asylzentrum)
Wir sehen einen Bedarf für „gruppenpädagogische Maßnahmen“ der nicht vom Landratsamt abgedeckt wird. Das Asylzentrum als „wichtiger Kooperationspartner in der Flüchtlingsarbeit“ sollte eine institutionelle Förderung durch den Landkreis erhalten. Wir befürworten die volle Summe.
Antrag 49 (Kreisjugendring Tübingen)
Die Arbeit des Kreisjugendrings im Bereich der Alkoholprävention, Demokratie Förderung und Schutzkonzepte für Jugendliche ist wichtig und sollte weiterhin wie beantragt gefördert werden.
Antrag 50 (Fachberatungsstelle gegen sexuelle Gewalt an Kindern Tima e.V.)
Auch hier sehen wir keinerlei Gefahr von „Doppelstrukturen“, sondern befürworten das Subsidiaritätsprinzip.
Antrag 111 (adis e.V.)
Rassismus etwa ist eine alltägliche Erfahrung für Menschen mit dunkler Hautfarbe, aber auch für Geflüchtete. Antidiskriminierungsarbeit, wie sie von adis e.V. betrieben wird, ist auch mehr als Aufklärung über Rechtsextremismus und dies unterstützen wir. Dass im Kreis ansässige Kommunen Bedarfe für Antidiskriminierungsprojekte von adis e.V. angemeldet haben und dies zu einer entsprechenden Komplementärfinanzierung im Rahmen des landesweiten Förderprogramms führen wird, spricht überhaupt nicht gegen die Bewilligung der hier über den Kreishaushalt beantragten zusätzlichen 15.000 Euro, sondern kann die dadurch möglich werdenden Leistungen für den gesamten Landkreis nutzbarer machen.
Antrag 115 („Plan B – Integration statt Abschiebung“)
In diesem Projekt wird gemacht, was die Landesregierung immer nur versprochen, aber nie umgesetzt hat, nämlich dass Geflüchtete, deren Asylantrag abgelehnt wurde, über ihre rechtlichen Bleibeperspektiven aufgeklärt werden. Das Projekt schafft keine Doppelstruktur, sondern erbringt spezifische Leistungen und arbeitet hierbei mit Sozialarbeiterinnen, Anwältinnen, Arbeitgeber*innen und Ehrenamtlichen zusammen. Wenn die Rückkehrberatung bezahlt wird, muss auch dieses Projekt gefördert werden.
Anträge Nr. 40, 73, 74 Lebenshilfe e.V.
Nach erneuter Beratung in der Fraktion ziehen wir die getroffene Zusage zu dem Konsens zurück. In Abhängigkeit von den weiteren inhaltlichen Beratungen im SKA wird die Tübinger Linke sich dazu erneut positionieren.
Antrag Nr. 116 Verein für Sozialpsychatrie Tübingen e. V.
Der Zuschuss zum Umzug der Gärtnerei wird befürwortet, da eine steigende Nachfrage und eine steigende Anzahl von teilhabeberechtigten Personen mit psychischen Erkrankungen auf dieses Angebot angewiesen sind.
Antrag Nr. 117 Landesverkehrswacht Baden-Württemberg e. V.
Die Ausbildungsangebote leisten wichtige Präventionsarbeit für die Verkehrssicherheit. Der Antrag wird befürwortet.