Kehrseite sind Sozialkürzungen

Bernhard Strasdeit

Bernhard Strasdeit, Linke-Kreisrat

Die Sonderschulden von 100 Milliarden Euro für militärische Aufrüstung sind kein „Sondervermögen“, sondern Kredite. Und der tägliche Ruf nach immer mehr Waffenexporten wird den mörderischen Krieg Russlands in der Ukraine nicht beenden. Aber der Landkreistag wird es zukünftig noch schwerer haben, wenn es um Mittel für Krankenhäuser, Bildung und Verkehr geht. Das Konstrukt lautet: Alle zivilen Staatsausgaben stehen ab 2023 wieder unter dem Vorbehalt der Schuldenbremse. Nur die Rüstungsprofite nicht; die haben seit Freitag Verfassungsrang.

Die Hofreiterisierung der deutschen Politik schreitet voran: Statt wie versprochen für eine neue Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau zu streiten und kommunale Akteure wie die Kreisbau zu fördern, begeistern sich grüne Think-Tanks für Panzerhaubitzen und die Digitalisierung der Kriegsführung. Als ehemaliger Obergefreiter der Bundeswehr (W 15) mahne ich die ehemaligen Pazifisten zur Mäßigung: Kriegsanleihen sind keine Spaßveranstaltung. Es gab sie schon im Mittelalter; Goethe thematisierte sie im Faust II, 1914 führten sie in den Ersten Weltkrieg und zur Spaltung der internationalen Arbeiterbewegung.

Die Kehrseite von Rüstungsschulden sind Sozialkürzungen. Für rund ein Drittel der Bevölkerung wirkt die derzeitige Inflation existenzbedrohend. Skandalös deshalb, dass die Ampel den Top-Verdienern und Ministern mit Dienstwagen als Entlastung 300 € Energiepauschale zukommen lässt. Studierende und Rentnerinnen gehen leer aus.

Da bleibt noch das beliebte 9-Euro-Ticket als Trost. Endlich keine Wabenbindung mehr im ÖPNV! Leider wirkt das Angebot nur als Strohfeuer. Die Schülertickets werden im September wieder so teuer wie zuvor. Eine dauerhafte Entlastung für Familien wäre der richtige Weg. Aber die Landesregierung scheut die Freistellung von Schülerfahrten wie der Teufel das Weihwasser. Daran ändert auch das landesweite 360-Euro-Jugendticket nichts, das es 2023 geben soll. Im Kreistag haben wir einer Bezuschussung des geplanten Jugendtickets durch den Landkreis zugestimmt, weil es das Mobilitätsangebot für Jugendliche über die Naldo-Grenzen hinaus verbessert. Aber die Tickets für Azubis und Schüler bleiben teuer. Wir halten am Ziel fest, den Zugang zu Ausbildung und Schule kostenfrei zu stellen. Das Land darf sich nicht länger mit Mogelpackungen aus der Verantwortung stehlen.

Kommentare sind geschlossen.