Eine LEA für Tübingen

Dr. Emanuel Peter, Kreisrat der Linken

Dr. Emanuel Peter, Kreisrat der Linken

Ob der Bäckergehilfe Wally Jojo Chinti oder der junge Medizintechniker Saikou Suwareh (beide aus Gambia) – die große Mehrheit so genannter „Wirtschaftsflüchtlinge“ aus Afrika will arbeiten. Handwerker, Krankenhäuser, Pflegeheime und Mittelständler wären froh über Auszubildende und Facharbeiter.

Millionen Afrikaner flüchten, weil EU-Konzerne ihre Fischgründe leerfischen (Somalia), ein französischer Atom-Konzern ihr Land mit Uran-Abbau verseucht (Mali), chinesische Konzerne in Äthiopien Millionen Hektar Land aufkaufen (Landgrabbing), holländische Konzerne in Tansania Rosen züchten, 80000 Tonnen jährlich nach Europa schicken und den Bauern wörtlich das Wasser abgraben. Die Flüchtlingswelle ist Bumerang einer falschen, neoliberalen „Entwicklungspolitik“.

Bei uns erleben Flüchtlinge gerade statt einer Willkommens- eine Abschreckungskultur. Statt gesicherte Fluchtwege mit Fähren übers Mittelmeer werden sie brutalen Schleppern ausgeliefert, in „Bürgerkriegs-“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“ einsortiert, Unterkünfte angezündet. Zwecks Abschiebung werden Asylverfahren beschleunigt. Landeserstaufnahmestellen (LEA) sind hoffnungslos überfüllt, zwangsläufig – gewollt? – kommt es zu Gewalt.

Im Bundestag verschärfen CDU/CDU und SPD das Bleiberecht: Ein fehlender Pass, Geld an Schlepper, Umgehung von Grenzkontrollen, unvollständige Angaben gelten als Gründe für Verhaftung: „Faktisch erfüllt jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in das Bundesgebiet einreist, diesen Haftgrund.“ kritisiert der Deutsche Anwaltsverein dieses perverse Gesetz. Berlin übt Druck auf die Länder aus, indem es nicht die vollständigen Kosten für Unterkunft, Sprachkurse und Gesundheit übernimmt – die Landesregierungen geben den Druck an die Kommunen weiter. Dort ist die Hilfsbereitschaft vieler Deutscher aus leidvoller Erfahrung nach dem Zweiten Weltkrieg sehr groß.

Als weltoffene Stadt mit 110 Nationalitäten steht Tübingen wie andere Uni-Städte in der besonderen Pflicht, schnell eine neue Landeserstaufnahmestelle (LEA) zu schaffen, damit die menschenunwürdige, gefährliche Situation in überfüllten LEAs beseitigt wird. Die Arbeitserlaubnis muss auf Anfrage von Betrieben sofort erteilt werden, denn Sprache lernt sich parallel in Kursen und im (Berufs-)Alltag. Erst beides befördert die soziale Integration. Das müssen Bund und Land gemeinsam finanzieren!

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