Mittwochspalte – Solidarische Stadt!

Mittwochspalte 17.2.2016 im Schwäbischen Tagblatt

Gerlinde Strasdeit, Stadträtin der Linken

Gerlinde Strasdeit, Stadträtin der Linken

Die soziale Schieflage in der Stadt war kein Thema in Palmers SPIEGEL-Interview. Das Mittagessen für Kinder in Tübinger Schulen ist zu teuer. Schüler zahlen in Tübingen höhere Busfahrpreise als Studierende und Professoren. Wir sehen es als Fehler, dass die stadteigene GWG Eigentumswohnungen und noble Penthäuser verkaufen muss um bezahlbare Mietwohnungen bauen zu können. Die Gemeinnützigkeit wurde vor Jahren politisch zerstört. Der öffentlich geförderte Wohnungsbau in Bund und Land liegt deshalb am Boden. Ein landesweites Investitionsprogramm für den sozialen Wohnungsbau fehlt immer noch. Jährlich fallen Tausende von Wohnungen aus der Sozialbindung. Das Problem ist hausgemacht und hat nichts mit Flüchtlingen zu tun.

Wir brauchen gemeinnützige und genossenschaftliche Wohnprojekte. Private und Baugruppen sollten nur dann kommunal begünstigt werden, wenn Spekulationszwecke mittels Rückkaufsrecht auf einige Jahre ausgeschlossen sind. Für die Bebauung am Hechinger Eck gibt es im Gemeinderat nun einen fraktionsübergreifenden Antrag, der den Akzent erstmals seit Jahren wieder auf Genossenschaftsmodelle setzt. Das ist ein gutes Zeichen aber noch kein Durchbruch. Genossenschaften ermöglichen laut einer Analyse vom Institut der deutschen Wirtschaft die preisgünstigsten Mieten. Genossenschaften sind nicht geeicht auf hohe Renditen sondern auf Erhalt und Ausweitung des Wohnungsbestands. Das würde allen helfen, den Flüchtlingen und der Verkäuferin, die mit 1300 Euro Lohn in Tübingen eine Wohnung unter 800 Euro Kaltmiete sucht. Für den „Verantwortungsethiker“ Boris Palmer ist auch das kein Thema bei Talkrunden. Warum Baden-Württemberg beim sozialen Wohnungsbau deutlich weniger ausgibt als Bayern, stört ihn auch nicht. Der selbsternannte „Bad-Boy“ verfolgt ein strategisches Projekt und das heißt Schwarz-Grün für die Ära nach Kretschmann. Unser Projekt heißt solidarische Stadt. Wer über Scheinpraktika bei öffentlichen Trägern den Mindestlohn aufweicht und Flüchtlinge mit Dumpinglöhnen ausbeutet, züchtet Konkurrenz und Rassismus. So funktioniert Integration nicht. Deshalb treten wir dafür ein, dass die Stadt in ihren Zuständigkeitsbereichen Outsourcing, Leiharbeit und Befristungen stoppt und tarifgerecht bezahlt. Ich lade Sie ein, morgen ab 20 Uhr zur Veranstaltung mit Bernd Riexinger und Sahra Wagenknecht in die Hermann-Hepper-Halle.
Gerlinde Strasdeit
Stadträtin der Tübinger Linken

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