Archiv für Gemeinderat

Gegen die Kennzeichnung der Clara-Zetkin-Straße mit einem „Knoten“

Entgegen dem Antrag der Stadtverwaltung plädiert die Gemeinderatsfraktion der Tübinger Linken gegen die Kennzeichnung der Clara-Zetkin-Straße in Lustnau mit einem sogenannten „Knoten“. Dieser soll auf problematische Aspekte im politischen Wirken einer Person hinweisen, nach der eine Straße benannt ist. Neben zahlreichen Unterstützern des NS-Regimes soll nun auf Antrag der Stadtverwaltung auch die Sozialistin und Feministin Clara Zetkin mit einem solchen Knoten gekennzeichnet werden.

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

„Während das Andenken an Bismarck weiterhin ohne Knoten in der Bismarckstraße möglich sein soll, werden mögliche Verfehlungen von Clara Zetkin während der Revolution, die überdies unter Historikern umstritten sind, in den Vordergrund gestellt. Entweder brauchen wir deutlich mehr Knoten auch für andere Personen der Geschichte, oder aber dieser Knoten ist unangemessen und stellt Zetkin in eine Reihe mit Nazis“, ärgert sich Gerlinde Strasdeit von der Gemeinderatsfraktion der Tübinger Linken.

Daher hat die Linke Gemeinderatsfraktion am 19. September einen Antrag an den Gemeinderat formuliert, wonach die Clara-Zetkin-Straße „keine Knoten-Markierung am Straßenschild“ erhalten soll. Für den Fall, dass dieser Antrag erfolglos bleibt, hat die Fraktion einen weiteren Antrag vorbereitet: „Die Bismarckstraße erhält zusätzlich einen Markierungs-Knoten“.

Dieser Antrag endet mit der Begründung „Wenn die Stadt Tübingen einerseits Clara Zetkin mit einem Negativ-Knoten in die Nähe von Nazi-Verbrechen rückt und andererseits Bismarck historisch „freispricht“, wäre das mit zweierlei Maß gemessen und insofern auch ein politischer Skandal.“

Der Antrag im Original:
Zwei Änderungsanträge zur Vorlage 226/2023 vom 05.09.2023 (PDF)

Eine Kitastrophe

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Tübingen bildet 16 neue ErzieherInnen in praxisintegrierter Form (PiAs) aus. Ein richtiger Schritt! Dennoch fehlt weiter Personal in den städtischen Kitas, mit drastischen Folgen. Nur noch vier von 43 Einrichtungen öffnen an fünf Wochentagen bis 16.30 Uhr. Eltern reduzieren ihre Arbeitszeit oder müssen wie im letzten Jahrtausend täglich schauen, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen. Kollege Drake von den AL/Grünen kann nicht erkennen, dass in den letzten 20 Jahren grobe Fehler gemacht wurden. Oh doch! Das Problem ist nicht vom Himmel gefallen. Verdi und GEW sind schon vor zehn Jahren Sturm gelaufen für mehr pädagogische Fachkräfte. Uns Linken wurde bei den Haushaltsberatungen im Gemeinderat der Vogel gezeigt, wenn wir höhere Ausbildungsquoten forderten. Der Rechtsanspruch kam und die Stadtbevölkerung wuchs, ohne den Bedarf ständig anzupassen.

Um die Kitastrophe endlich in den Griff zu bekommen, braucht es eine Ausbildungsoffensive und eine Fachstelle Ausbildung. Das wäre besser, als 100 000 Euro ausgeben für eine fachfremde Werbeagentur. OB Palmer sollte das Problem zur Chefsache machen, statt Vorträge bei rechtslastigen Denkfabriken in Budapest zu halten.

Gerlinde Strasdeit, Stadträtin

Die Stadt und das Klima

Wilhelm Bayer, Linke-Stadtrat

Wilhelm Bayer, Linke-Stadtrat

Brennende Ferieninseln, Stürme, Hagel. Die Zeichen sind nicht zu leugnen, aber wie ist das Klima zu retten? In Tübingen wird über den Schindhautunnel debattiert. Es wird auf die CO2-Werte verwiesen, die beim Bau entstehen. Ebenso große Mengen an CO2 entstehen aber in den täglichen Staus auf der alten Trasse. Die Erwartung, das Verkehrsaufkommen werde in den nächsten Jahren drastisch sinken, ist unrealistisch. Allein der Güterverkehr wird wegen fehlender Bahnkapazitäten eher zunehmen. Der Tunnel wäre keine zusätzliche Belastung für die Umwelt, entlastet aber die Anwohner erheblich.

Vieldiskutiert, das Deutschlandticket. In Tübingen wird es vorläufig nur 34 Euro kosten. Reicht das, um einen Umstieg auf den ÖPNV zu erreichen? Nicht bei allen Problemen ist sofort sichtbar, dass sie den Klimaschutz betreffen. Die Müllabfuhr wurde dank der Proteste nicht privatisiert. Einen Klima-Aspekt gibt es auch hier, vorgebracht nur von der Linken: Private Anbieter hätten einen Betriebshof in Tübingen bauen müssen oder mehrfach täglich mit Kilometer-langen Anfahrten die Umwelt belastet.

Ob die Erhöhung der Parkgebühren dazu führt, dass es weniger Individualverkehr gibt, sei dahin gestellt. Eine Belastung ist sie bei sinkenden Realeinkommen auf jeden Fall. Der Vorschlag der Verwaltung, dass Nutzer einer Parkgebühren-App weniger zahlen, wurde nicht beschlossen (Gleichbehandlung, keine wirkliche Einsparung). Zwei Gesichtspunkte wurden nur von der Linken eingebracht: der Datenschutz, der bei den privaten App-Anbietern nicht gewährleistet werden kann, und die Klimarelevanz. App-Anbieter müssen zur Verarbeitung der Daten Rechenzentren unterhalten, jedes verbraucht ca. 26 Millionen KWh/J. Müssen wir dies fördern? Aber wenn schon eine Park-App, dann von der Stadt in öffentlicher Verantwortung.

Gefeiert wurde der neue Busbahnhof. Wie der Platz der alten Bussteige genutzt wird, ist noch offen. Hier gäbe es eine gute Möglichkeit mit Grün die Verkleinerung des Anlagenparks zu kompensieren und etwas fürs Stadtklima zu tun. Ich war doch entsetzt, dass im Gemeinderat nicht mehr Räte meinen Vorschlag unterstützt haben, den Platz zu entsiegeln und ich am Ende der Einzige war, der gegen den Entwurf der Stadtverwaltung stimmte.

Klimaschutz steckt in vielen Fragen, und der Teufel im Detail. Und wir müssen dafür sorgen, dass Klimaschutz sozial verträglich gestaltet wird. Die Menschen dürfen nicht auf der Strecke bleiben.

Wilhelm Bayer, Gemeinderats-Fraktion

Zur Resolution zum Schindhaubasistunnel

Gerlinde Strasdeit (Linke) zur Abstimmung über die Resolution zum Schindhaubasistunnel am 24. Juli 2023 im Tübinger Gemeinderat

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Aktivistinnen und Aktivisten aus der Klimabewegung.

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Wir haben diese Resolution in unserer Fraktion ausführlich beraten, auch mit unseren Ortsbeirätinnen und mit Mitgliedern. Die Meinungen zu einem Stopp der Schindhautunnel-Planungen gehen auch bei uns auseinander und voraussichtlich werden wir nachher nicht einheitlich abstimmen.

Wir Linken teilen alle das Argument, dass man die Klimaziele nicht erfolgreich umsetzen wird, wenn wir immer neue Straßen und Tunnel bauen – statt eine Verkehrswende zu organisieren weg vom PKW-Verkehr. Deshalb unser voller Respekt für alle diejenigen, die eine Verkehrswende nicht nur in Sonntagsreden fordern, sondern auch bei konkreten Bauprojekten wie dem Schindhautunnel einklagen. Wir sagen aber auch: Wer die Mehrheit der Gesellschaft für diese Ziele gewinnen will, darf nicht bei den Ärmeren in der Gesellschaft die Kosten abladen und dazuhin noch den meisten Dreck des motorisierten Verkehrs. Weiterlesen

Zuschuss für Landesweites Jugendticket für alle mit Wohnsitz in Tübingen

Vorlage 530/2023 (PDF)
26.06.2023

Antrag
Das Landesweite Jugendticket wird zukünftig auch für diejenigen bezuschusst, die ihren Ausbildungsort außerhalb Tübingens haben.

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Begründung:
Analog zum Deutschlandticket, dass für alle Menschen mit Erstwohnsitz in Tübingen bezuschusst wird, soll die Regelung für das landesweite Jugendticket auf alle berechtigten Jugendlichen bzw. Auszubildenden ausgeweitet werden, die in Tübingen ihren Erstwohnsitz haben.

Tübinger Schüler:innen, Azubis oder Studierende, deren Ausbildungsort außerhalb Tübingens liegt, bekommen bisher den Zuschuss nicht. Bei der Preisgestaltung des Deutschlandtickets war ein Argument gegen einen niedrigeren Preis, dass ein größerer Preisabstand verhindert, dass viele Jugendlichen vom Landesweiten Jugendticket zum Deutschland-Ticket wechseln, was deutlich höhere städtische Zuschüsse zur Folge hätte. Durch die Ausweitung des Zuschusses wird für Jugendliche, deren Ausbildungsort außerhalb Tübingens liegt, der Preisabstand von 3,60€ auf 12€ erhöht. Dadurch spart die Stadt pro Jugendlichen, der kein Deutschlandticket erwirbt 15€.

Für die Fraktion
Gerlinde Strasdeit

Bebauung Bosch-Gelände Technologiepark / Horemer

Vorlage 529/2023 (PDF)

26.06.2023

Bebauung Bosch-Gelände Technologiepark / Horemer

Bezugnehmend auf die Vorlage 270/2019 (Kaufoption für die Fa. Bosch) beantragen wir:

Die Baufelder 20 und 24 im Technologiepark werden für Wohnbebauung umgewidmet

Der Bebauungsplan wird, falls notwendig, entsprechend angepasst.

Die Fläche in städtischer Regie bebaut, auch um sicherzustellen, dass alle Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden können.

Der Wohnraum wird durchmischt für verschiedene Bedarfsgruppen gebaut: von kleineren Einheiten für Singles bis zu großen Wohnungen für Familien oder WG‘s. Ein hoher Anteil wird barrierefrei erstellt.

Um Entlastung beim hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu schaffen, wird ausschließlich für diesen Sektor gebaut. Der Mietpreis wird dauerhaft auf 75% der marktüblichen Miete für vergleichbaren Wohnraum, z.Z. 12 € pro m², gedeckelt.

Der geschaffene Wohnraum soll nach sozialen Kriterien vergeben werden.

Voraussetzung für die Vergabe ist, dass Interessenten die Anspruchsbedingungen für Sozialwohnungen erfüllen. Weiterlesen

Interfraktioneller Antrag zum sog. „Radikalenerlass“ bzw. Berufsverboten

Vorlage 527/2023 (PDF)

19.06.2023

Der Gemeinderat Tübingen beschließt folgende Resolution:
Im vergangen Jahr jährte sich zum 50. Mal der sogenannte „Radikalenerlass“. Er wurde 1972 von der Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Titel „Grundsätze zur Frage verfassungsfeindlicher Kräfte im Öffentlichen Dienst“ beschlossen. In der Folgezeit wurden etwa 11.000 Berufsverbots- und 2.200 Disziplinarverfahren eingeleitet und offiziell 1.256 Bewerberinnen und Bewerber nicht eingestellt sowie 265 Beamte entlassen. Auch für mehr als 30 Betroffene, die in Tübingen studiert, gelebt und gearbeitet haben, hatte der Erlass schwerwiegende Folgen.

Einige der Tübinger Betroffenen haben bis heute aktiv an der Gestaltung der kommunalen Demokratie mitgewirkt und jahrelang in Ortsbeiräten, im Tübinger Gemeinderat und Kreistag mitgearbeitet.

In Baden-Württemberg wurde der Beschluss „mit besonderer Härte“ (Ministerpräsident Kretschmann), mittels des sogenannten „Schiess-Erlasses“ vom 2.Oktober 1973 praktiziert. Der nach dem damaligen Innenminister Karl Schiess benannte Erlass jährt sich in diesem Jahr zum 50.Mal.

Schon 2021 hat eine Vielzahl von Persönlichkeiten aus Politik, Gewerkschaften, Wissenschaft und Kultur gemeinsam einen Aufruf unterzeichnet: den Radikalenerlass generell offiziell aufzuheben, alle Betroffenen vollumfänglich zu rehabilitieren und zu entschädigen und die Folgen der Berufsverbote und ihre Auswirkungen auf die demokratische Kultur wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Der Gemeinderat der Stadt Tübingen schließt sich dem ausdrücklich an und fordert die baden-württembergische Landesregierung und den Landtag auf, den Forderungen der Betroffenen nach Rehabilitierung und Entschädigung sowie Aufarbeitung und Entschuldigung nachzukommen. Weiterlesen

Problematisch

Moritz Siebert kommentierte die Debatte über einen Knoten für die Clara-Zetkin-Straße.

Bernhard Strasdeit, Linke-Fraktion im Kreistag

Bernhard Strasdeit, Linke-Fraktion im Kreistag

Der Streit über einen Knoten für die Clara-Zetkin-Straße geht in die zweite Runde. Unzutreffenddabei ist die Behauptung im „Übrigens“ von Herrn Siebert. Es gab auf der Veranstaltung im März keine Beschimpfungen gegen die Geschichtskommission. Die Kritik an der Knotenvergabe wurde engagiert, aber gesittet vorgetragen. Das belegt ein Mitschnitt auf dem YouTube-Kanal der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Kommission saß mit zwei Vertretern auf dem Podium der Stiftung und der Gemeinderatslinken und hatte mehr Redezeit als der von den Gastgebern benannte Historiker und Zetkin-Spezialist aus Berlin.

Man kann Clara Zetkin unterschiedlich sehen. Aber sie war weder an Verbrechen in der Sowjetunion beteiligt, noch unterstützte sie in der Kommunistischen Internationale den Stalinismus. Die Geschichtskommission hat eine wissenschaftlich und politisch problematische Auswahl getroffen: Dauerknoten für die sozialdemokratische und später kommunistische Frauenrechtlerin Zetkin; der preußische Antidemokrat, Kolonialausbeuter und Kriegsverbrecher Bismarck dagegen bleibt auf ewig als Turm und unantastbares Straßenschild erhalten. Stadtverwaltung und Gemeinderat sollten diesen Knotenwirrwarr beenden.

Bernhard Strasdeit, Kreisrat der Linken

Abfallwirtschaft muss in öffentlicher Hand bleiben

Wilhelm Bayer, Linke-Stadtrat

Wilhelm Bayer, Linke-Stadtrat

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Qualität hat ihren Preis. Das gilt für Kleidung oder Lebensmittel, und natürlich ebenso für die Müllentsorgung. Die Tübinger Müllabfuhr funktioniert anerkanntermaßen ausgezeichnet. Sie ist ein Muster an Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Im Landkreis sieht dies anders aus, dort gibt es deutliche Defizite, wenn z.B. in der Vergangenheit Biotonnen tagelang stehen blieben.
Wer kann garantieren, dass wir bei privatisierter Müllabfuhr nicht irgendwann Verhältnisse wie jetzt beim gelben Sack haben werden, mit tagelang herumliegenden Müllbergen und z.T. aufgeplatzten Tüten. Oder Verhältnisse wie bei den überquellenden Glascontainern, neben denen sich Glas und Abfall türmen.

Dazu kommt, dass die Tübinger Müllabfuhr auch für weitere städtische Aufgaben eingesetzt werden kann: Meldung von Schäden, Einsatz bei Veranstaltungen, gegenseitige Aushilfe bei Krankheit, Unterstützung bei Katastrophenfällen.

Müllabfuhr ist eine öffentliche Aufgabe, wird als systemrelevant eingestuft, ebenso wie die Versorgung mit Strom und Wasser. Schon aus hygienischen und Gesundheitsgründen muss sie pünktlich und zuverlässig erfüllt werden. Weiterlesen

Bin keine „Lifestyle-Linke“

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gewerkschaften, Bildungsverbände, Eltern- und Schülervertretungen fordern ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro gegen die Bildungsmisere an Kitas und Schulen. Enormer Personalmangel trifft dort auf ein unterfinanziertes und sozial ungerechtes Bildungssystem. Es gibt sechzehn Kultusbürokratien in Deutschland – aber kein funktionierendes Konzept, um genug Lehrkräfte und Erzieherinnen auszubilden. Die Kürzungen bei den Tübinger Kitazeiten zeigen das. Es ist gut, dass Eltern und Erzieherinnen das nicht hinnehmen, sondern gemeinsam Dampf in die Diskussion im Rathaus gebracht haben. Denn es braucht beides: Gute Arbeit und Klasse Kitas. Werbeaktionen für Erziehungsberufe sind wichtig; aber warum wartet die Verwaltung damit bis Herbst und warum überlässt man das einer hippen Werbeagentur namens „Kavallerie“ statt jetzt in die Abschlussklassen zu gehen? Kavallerie klingt mehr nach reitender Gebirgsmarine als nach Berufsausbildung. Als Mutter und Großmutter erlaube ich mir den Vorwurf: für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Situation ein Rückfall ins letzte Jahrtausend, besonders für Alleinerziehende.

Statt alle Hebel in Bewegung zu setzen, stigmatisiert die Verwaltung die sozialdemokratische und später kommunistische Frauenrechtlerin und Antifaschistin Clara Zetkin als Antidemokratin auf einer Liste mit Naziverbrechern. Die nach ihr benannte Straße soll einen „Dauerknoten“ erhalten. Ein Zeitgenosse Zetkins war Otto von Bismarck, ein erklärter Gegner des Parlamentarismus, Erfinder der Sozialistengesetze, Militarist, Antisemit und Kolonialherrscher. Noch heute streiten seine Erben um koloniale Beutestücke. Nach dem „eisernen Kanzler“ ist die längste Straße Tübingens benannt. Sie bleibt knotenfrei. Unsere französischen Freunde in Aix-en-Provence staunten nicht schlecht, als sie davon erfuhren.

Ein Wort in eigener Sache: Wenn es aus unserer Bundestagsfraktion heraus zu einer Ausgründung zur Europawahl kommt, hätte das auch kommunal für die Tübinger Linke zerstörerische Folgen. Davor warne ich. Ich bin keine „Lifestyle-Linke“ und habe mich seit 1999 im Gemeinderat immer zuerst für soziale Belange eingesetzt. Aber eine Abspaltung, die nichts mit Klimapolitik und Verkehrswende, nichts mit Feminismus, Antirassismus und humaner Flüchtlingspolitik zu tun haben will, wäre kein unterstützenswertes Angebot.

Hände weg von der Müllabfuhr

Leserbrief unseres Derendinger Ortsbeirats Wendelin Heck

Wenn in Deutschland etwas gut läuft und wenig Probleme bereitet, dann kommt bald jemand und fragt, ob man das nicht billiger haben kann.
Wenn in Tübingen die städtische Müllabfuhr gut läuft und selten Anlass für Ärger bereitet, dann juckt es Verwaltung und Gemeinderat, ob sich das nicht billiger erledigen ließe.
Damit ist gemeint, auch die städtische Müllabfuhr an eine Privatfirma zu vergeben. Die soll es billiger erledigen und will zudem einen eigenen Gewinn/Profit erwirtschaften.
Die zentrale Variable, das zu erreichen, sind massive Einsparungen beim Personal – also bei denen, die zuverlässig bei Wind, Wetter, Regen, Schnee und Hitze Tag für Tag hinter einem Müllauto herlaufen, damit unser Müll wegkommt.
Wer solche Pläne betreibt, wird bei nächster Gelegenheit auch wieder beim Personal von Krankenhäusern und Altersheimen sparen wollen.
Hände weg von denen, die dafür sorgen, dass noch ein Bisschen was läuft und klappt in Deutschland.

Ein Problem mehr

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Gerlinde Strasdeit, Linke-Fraktion im Gemeinderat

Leserbrief unserer Gemeinderätin Gerlinde Strasdeit am Donnerstag, 4. Mai 2023 im Schwäbischen Tagblatt

Die Grünen haben ein Problem weniger, aber die Ratsfraktionen haben eines mehr. Das kommt im TAGBLATT zu kurz. Der Oberbürgermeister schadet der Stadt Tübingen, ihrem weltoffenen Charakter und ihrer international geprägten Einwohnerschaft. Sein Verhalten ist nicht mehr zumutbar. Mit seinen unsäglichen Äußerungen hat sich das Stadtoberhaupt selbst zum Verlierer gemacht. Er ist kein Opfer, das sich mit dem Holocaust vergleichen kann, sondern er provoziert selbst immer wieder mit rassistischen Mustern. Er verletzt damit viele Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Dafür hat er spätestens jetzt keinen Rückhalt mehr. Er hat viel Vertrauen zerstört, deshalb ist die ständige Zusammenarbeit schwierig geworden. Eine Auszeit ist vernünftig, aber das reicht nicht.
Wenn er sein Verhalten nicht in den Griff bekommt, muss er die Konsequenzen ziehen. Als Grund für den erneuten Skandal sehe ich: Kontrollverlust aufgrund von Egozentrik und medialer Profilierungssucht in Verbindung mit rechtspopulistischen Denkmustern.
Gerlinde Strasdeit, Linke-Stadträtin

Soziale Erfolge

Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand

Frederico Elwing, Linke-Stadtrat und TüL-Vorstand

Die Verkehrswende zur Erreichung unserer Klimaziele sozial gerecht voranzutreiben war für uns als Linke das zentrale Thema bei den Haushaltsverhandlungen. Deshalb wollten wir, dass das Deutschlandticket auf 9 Euro rabattiert wird. Studien belegen, dass das Deutschlandticket 29 Euro oder weniger kosten sollte, um möglichst viele Menschen zum Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn zu bewegen. Leider fand sich keine Mehrheit dafür im Gemeinderat, da AL/Grüne, CDU, Tübinger Liste und FDP es verhindert haben. Als Kompromiss wurden 34 Euro beschlossen.

Unser größter sozialer Erfolg ist, dass, wer die Kreisbonuscard hat, in Zukunft für 15 Euro das Deutschlandticket bekommt. Mobilität bedeutet soziale Teilhabe, gerade für Menschen mit wenig Geld. Städtische Beschäftigte können mit Jobticket für 14 Euro deutschlandweit fahren. Leider keinen Fortschritt gab es, was die Schüler:innen angeht. Dabei sollte die Fahrt zur Schule kostenfrei sein. Auf unseren Vorschlag hin bekommen unbeleuchtete Radwege weiße Randstreifen, und 100.000 Euro für eine unnötige „Schilderbrücke“ am Schloßbergtunnel werden eingespart.

Für Jugendliche konnten wir erreichen: im Jugendhaus Bricks eine halbe Stelle mehr und im Jugendhaus Lustnau eine Viertelstelle mehr, die Mobile Jugendarbeit wird stärker gefördert und und die Schulsozialarbeit in den Teilorten aufgestockt. Der LernOrt Berghof bekommt einen höheren Zuschuss.

Im Bereich der Kultur wurde eine dauerhafte Erhöhung des Regelzuschusses für das Zimmertheater beschlossen. Im Bereich Migration war uns wichtig, einen Zuschuss für das Projekt „Plan B“ des Vereins „move on“ zu sichern, der wichtige Beratungsarbeit leistet, die die Stadt nicht leisten kann.

Was die Steuern angeht, sehen wir nach wie vor eine Schieflage: nirgends in Baden-Württemberg ist die Grundsteuer B so hoch wie in Tübingen, die Mieter:innen über die Nebenkosten zahlen müssen, während die Gewerbesteuer, eine Gewinnsteuer, niedriger ist als in Reutlingen, Kusterdingen, Freiburg oder Heidelberg.

Kommunale Wohnungspolitik muss bezahlbaren Wohnraum schaffen und erhalten. Durch neue Landesmittel wird Wohnungsbau durch die Kommune gefördert. Dafür und für die GWG haben wir drei Millionen Euro beantragt und dies auch erreicht.

Wie Sie sehen, konnten wir einige für uns Linke zentrale soziale Erfolge durchsetzen und haben deshalb dem Haushalt zugestimmt.

Mitschnitt: Ein Knoten für Clara Zetkin?

Die Diskussion über die Empfehlung der «Kommission zur Überprüfung der Tübinger Straßennamen» vom Dienstag, 14. März 2023 im Technischen Rathaus steht mittlerweile als Audio-Mitschnitt zum Download (407 MB flac) zur Verfügung. Vielen herzlichen Dank an Thomas Demmel von der Wüsten Welle für die Arbeit!

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