Wohnungsnot hausgemacht

Felix Schreiber, Stadtrat der Linken

Felix Schreiber, Stadtrat der Linken

Studierende, Geringverdienende und Geflüchtete werden auf dem Wohnungsmarkt gegeneinander ausgespielt. Das ist bei der fragilen aktuellen Situation in und um Tübingen und ganz Deutschland Gift für die erfolgreiche und menschliche Aufnahme von Geflüchteten. Deswegen ist es so wichtig, Geflüchtete nicht als die Ursache der Tübinger Wohnungsnot zu instrumentalisieren. Seit 2008 fordern wir daher bei neuen Projekten mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen und mindestens 1000 sozial geförderte Wohnungen mehr bis 2018.

Das Ausmaß der humanitären Katastrophen der letzten Monate war sicherlich nicht vorauszusehen. Dass aber mit Geflüchteten, Studierenden und Geringverdienenden zu rechnen war und ist, wurde schon lange vorher vernachlässigt. Hinterhältig wird diese Vernachlässigung heute auf den Kopf gestellt, wenn es heißt, Geflüchtete würden Wohnungsnot verursachen.

Noch zynischer ist es dann noch, wenn die Wohnungsnot als Grund herangezogen wird, Asylstandards runterzuschrauben und Geflüchtete in „Klassen“ zu spalten.

Es darf bei Geflüchteten keine voreilige Unterteilung aufkommen in solche „mit und ohne Bleibeperspektive“ oder in „gute und schlechte“ Geflüchtete. Und leider auch in Tübingen betreibt OB Palmer Populismus, wenn er die Abschiebung von Geflüchteten aus dem Balkan fordert; wenn er behauptet, dass die „deutsche Gesellschaft an eine Belastungsgrenze kommt“; wenn er behauptet, Asylstandards seien nicht zu halten; wenn er von einer „Überforderung ganz Europas“ spricht; wenn er sagt, soziale Härten seien jetzt notwendig: wenn er den Wunsch, in Tübingen eine LEA einzurichten ins Leere laufen lässt.

OB Palmer setzt die in Tübingen bestehende Willkommenskultur, die auf einer Vielzahl von engagierten ehrenamtlich Arbeitenden beruht, aufs Spiel, wenn er seine Landesregierung mit dumpfem Populismus verteidigt. Die Fehler der Landesregierung beim Verkauf von 21500 LBBW-Wohnungen an Meistbietende, das Ausbleiben einer Vermögenssteuer und die geringe Erbschaftssteuer dürfen nicht dazu führen, dass auf kommunaler Ebene Fremdenfeindlichkeit geschürt wird; sondern muss dazu führen, dass Druck auf die Landesregierung ausgeübt wird. Denn nur so kommen Kommunen wieder in eine finanzielle Situation, in der es möglich ist, sozialen Wohnraum zu schaffen.

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